Montag, 25. Oktober 2010

Tsunami der Gefühle

Bella POV


Dirty


So wilde Freude nimmt ein wildes Ende
und stirbt im höchsten Sieg.
William Shakespeare


Erleichterung machte sich in mir breit. Endlich konnte ich Alice’ Shoppingwahn entrinnen, dank Edward. Er hatte mich einfach zum Auto gezogen und war ohne Alice nach Hause gefahren. Ich vermutete mal, dass das noch Ärger geben würde für Edward. Als Ich mit meinen Tüten auf der Veranda stand und die Tür aufschließen wollte, wurde diese schwungvoll von meiner Mutter aufgerissen. Mein fröhliches Lächeln verschwand sofort, als ich ihren Gesichtsausdruck sah. Sie schien wegen irgendetwas verärgert. Hatte ich was vergessen zu erledigen? Nein, mir fiel nichts ein.

„Schön, dass wir auch mal nach Hause kommen, junges Fräulein.“, sagte meine Mutter spöttisch. Wie ich es hasste, wenn sie mir so betitelte. Was zur Hölle hatte ich denn nun schon wieder falsch gemacht?

„Weißt du eigentlich wie spät es ist? Isabella, wo warst du?“ Jetzt könnte man vermutlich denken sie machte sich Sorgen, aber das hier sagte meine Mutter, sie machte sich keine Sorgen. Sie war lediglich verärgert, dass es nicht immer nach ihrer Nase lief.

„Natürlich weiß ich wie spät es ist. Ich war mit Freunden unterwegs, oder ist das jetzt auch schon verboten?“, antwortete ich spitz.

„Hüte deine Zunge, Isabella, gewöhn dir das gar nicht erst an. Du kannst hier nach einer Woche noch gar keine Freunde haben, außerdem hast du dich mit deiner Familie zu beschäftigen nachdem was passiert ist. Gerade nach dem Tod meiner geliebten Tochter solltest du für uns da sein und dich nicht mit wildfremden Leuten herumtreiben. Das schickt sich einfach nicht.“ Tränen sammelten sich in meinen Augen und drohten sogleich überzulaufen. Ihre Worte taten mehr weh als sonst. Gerade fing ich an diese schrecklichen Jahre zu verarbeiten. Alle Wunden, die eigentlich heilen sollten, wurden von meinen Eltern wieder gnadenlos aufgerissen. Der verachtende Blick von Renée durchbohrte mein Herz ohne Rücksicht auf meine Gefühle. Immer wieder, es würde nie aufhören. Diese ständigen Beschuldigungen machten mich kaputt, sie zerstörten meine schon angeschlagene Seele vollständig. Wie lange würde ich das noch aushalten, bevor ich zusammenbrach?

„Ich bin enttäuscht von dir, Isabella. Geh mir aus den Augen!“ Sie drehte sich einfach um und ging. Sie drehten mir immer den Rücken zu.

Ich griff benommen nach den Einkaufstüten und schlich leise in mein Zimmer. Die Tüten ließ ich irgendwo fallen, während ich weiterlief und mich schluchzend auf mein Bett warf. Nun brachen alle Dämme und ich heulte mir den Schmerz von der Seele. Doch es gelang mir nicht ihn wegzuspülen, er haftet an meinem Herzen wie Sekundenkleber und das schon so lange. In solchen Momenten würde ich am liebsten meiner Schwester folgen, sie noch einmal zu sehen würde mich für immer glücklich machen. Aber es gab Menschen, denen ich damit sehr wehtun würde, also wischte ich diesen Gedanken immer wieder weit weg und versuchte das Gute in meinem Leben zu sehen. Doch das schien mir manchmal unglaublich schwer zu sein. Langsam hob ich meinen Kopf vom Kissen und stützte mein Kinn auf meine Arme. Ich betrachtete das Bild auf meinem Nachttisch. Durch die Tränen sah ich es ganz verschwommen, aber ich kannte jedes Detail des Fotos. Tess und ich waren darauf zu sehen. Sie saß auf Eclipse und strahlte durch ihre Ohren in die Kamera. Ich stand daneben und sah lächelnd zu ihr hinauf. Sie hatte anfangs fürchterliche Angst vor Eclipse, aber die Stute nahm sie ihr relativ schnell wieder. Unser Pferd war uns immer sehr wichtig. Wir ritten sie abwechselnd und nur sehr selten gab es Streit. Auch auf Turnieren war immer alles harmonisch, da wir nie in derselben Schwierigkeitsklasse ritten. Nach ihrem Tod, wollte ich Eclipse auch erst nicht sehen, aber irgendwann wachte ich auf und sah, dass die Stute mich brauchte. Sie hatte immer nur Theresa und mich als Bezugsperson und reagierte misstrauisch auf andere Menschen. Eclipse hatte sich nach diesem Schicksalsschlag auch sehr verändert und es dauerte lange, bis sie wieder einigermaßen die Alte war. Von da an sagte ich jedem, dass ich das Pferd erst nach Theresas Tod bekam, es war eine Ausrede, erstens für das abstoßende Verhalten meiner Eltern und zweitens, weil zu viele Erinnerungen an dem Tier hingen. Auch wenn ich immer daran denken würde, wollte ich die Geschichte, die mein Leben veränderte, nicht jedem unter die Nase reiben.

Meine Tränen wollten heute einfach nicht versiegen, sie liefen ohne Widerstand meine Wangen hinunter und tropften auf meine Bettwäsche. Ich wollte so gerne mit jemandem reden, aber ich wusste nicht mit wem. Ich kannte hier kaum Leute und meine Eltern konnte ich auch vergessen. Ich griff dann einfach nach meinem Handy und scrollte meine Kontaktliste hoch und runter. Bei einem Namen blieb ich immer wieder hängen. Edward Cullen stand dort und mein Gefühl sagte mir, dass er genau der Richtige war. Ich hatte ihm jetzt schon so viel erzählt, sollte ich ihm vielleicht auch den Rest erzählen? Er hatte mich nie gedrängt etwas preiszugeben und ich kannte ihn wirklich noch nicht lange, aber ich merke eine eigenartige Bindung zu ihm. Ich vertraute ihm ohne ihn zu kennen. Doch ich entschied mich dagegen ihn anzurufen, um diese Zeit wollte ich ihn wirklich nicht mehr stören.

Daher beschloss ich die Sache wieder einmal zu vergessen und warf mein Handy wieder auf den Schreibtisch. Nach ein paar Minuten, in denen ich reglos auf meinem Bett lag und die Decke anstarrte, fing mein Magen plötzlich an zu knurren. Also stand ich auf und schlich leise in die Küche. Dort traf ich auf meinen Vater. Zu meiner Verblüffung lächelte er mir freundlich entgegen, eine Geste die ich schon fast nicht mehr kannte, bei meinen Eltern.

„Hey Dad. Auch noch wach?“, fragte ich und hoffte, dass seine Laune halten würde.

„Ja Liebes ich bin gerade erst von der Arbeit gekommen. Ich hatte heute wirklich einen guten Tag. Wie war deiner, hast du schon was vor am Wochenende?“

Ist stockte in meiner Bewegung, als ich den Kühlschrank öffnete. Hatte er das gerade wirklich gefragt? Schnell versuchte ich mich wieder einigermaßen zu fangen und hoffte er würde mein Zögern nicht falsch deuten. Jetzt war wahrscheinlich der perfekte Moment um ihn wegen der Party zu fragen, wer wusste schon wann er mal wieder solch außergewöhnlich gute Laune haben würde.

„Mein Tag war auch gut, ich war bei den Cullens. Erst bin ich ein wenig geritten und dann war ich mit zwei von ihnen in die Stadt zum Einkaufen gefahren.“ Dad nickte nur, während er mir aufmerksam zuhört, wirklich aufmerksam. Das war mehr als ungewohnt. „Ach ja, ich wollte dich noch etwas fragen, bezüglich des Wochenendes. Ich bin auf eine kleine Party eingeladen. Sie wird von Alice Cullen gegeben. Da würde ich gerne hingehen, wenn ich darf?!“, fragte ich leise und versuchte so lieb wie möglich zu gucken.

„Hmm.“, machte Dad und stricht sich überlegend über das Kinn. Langsam wurde ich nervös, war der Anflug seiner guten Laune so schnell vorbei?

„Na schön, ich denke, dass wird eine gute Gelegenheit sein ein paar Leute in deinem Alter hier kennenzulernen. Also wenn du nicht zu spät oder betrunken nach Hause kommst, kannst du meinetwegen zu dieser Party.“, sagte er und ich strahlte ihn an.

„Danke, Dad.“ Ich gab ihm noch ein Küsschen auf die Wange und wollte gerade in meinem Zimmer verschwinden, als er mich wieder auf den Teppich brachte.

„Aber frag bitte vorher noch deine Mutter.“ Mein strahlendes Gesicht fiel vollkommen in sich zusammen und ich war den Tränen schon wieder näher als mir lieb war.

„Okay.“, brachte ich nur leise hervor und ging dann einfach aus der Küche, ungeachtet blieb der Protest meines Magens. Ich hatte jetzt andere Probleme. Meine Mutter war stinksauer auf mich und ich wollte auch noch etwas von ihr. Eine ungünstigere Ausgangsposition gab es gar nicht für mich.

Langsam ging ich auf das Wohnzimmer, in welchem meine Mutter Zeitung las, zu. Ich brauchte eine Strategie, etwas womit ich sie besänftigen konnte, ihr genug Honig ums Maul schmieren und dann mit meiner Bitte kommen. Gott, wie erbärmlich, immer wieder kroch ich bei ihr zu Kreuze, ich war es so leid. Ich seufzte leise und schob die Tür zum Wohnbereich auf. Bis auf das gelegentliche Rascheln der Zeitung war es still im Raum. Als Renée mich sah, verfinsterte sich ihr Blick sofort. Es hatte keinen Sinn vernünftig mit ihr zu reden, das ging seit Jahren nicht mehr. Also drehte ich mich einfach wieder um und ging in die Küche um mir noch einen Snack mit ins Zimmer zu nehmen.

„Und was sagt deine Mutter?“, fragte Charlie. Ich steckte schnell mein Gesicht in den Kühlschrank, um ihn nicht ansehen zu müssen.

„Es ist in Ordnung.“, log ich, griff mir schnell ein Sandwich und verschwand ohne ein weiteres Wort nach oben. Wieder bildeten sich diese verfluchten Tränen in meinen Augen und trübten meine Sicht. Ich war verwirrt. Das Verhalten meiner Mutter war mir völlig schleierhaft, ich hatte nichts falsch gemacht. Ok, ich hatte nicht angerufen, dass ich noch wegfahre, aber unter normalen Umständen hätte sie das auch gar nicht mitbekommen. Sie war doch diejenige, die nur arbeitete und nie zu Hause war und mich alleine ließ, wenn ich sie am meisten brauchte. Warum beschwerte sie sich über meine Abwesendheit? Selbst wenn ich da war, schickte sie mich in mein Zimmer, oder ich verzog mich von alleine dort hin. Ich ertrug ihre Nähe genauso wenig wie sie anscheinend meine. Auf einmal hatte ich das freundliche Gesicht von Mrs. Cullen vor Augen. Ich kannte sie kaum, aber fühlte mich bei ihr besser, als bei meiner eigenen Mutter. Mrs. Cullen strahlte so viel Wärme und Liebe aus, das es fast wehtat. Sie hatten wirklich Glück eine solche Mutter zu haben und auf einmal hatte ich wieder das dringende Bedürfnis mit jemanden zu reden. Einem Menschen, der mich reden ließ und zuhörte und mich vor allem verstand und wieder schoss mir Edwards Name ins Gehirn. Ja, er war etwas besonderes, das spürte ich. Er war anders, ich jeder möglichen Hinsicht, das hatte ich schon länger bemerkt, doch irgendwie zog mich genau das an.

Ich beschloss Edward für heute in Ruhe zu lassen, stattdessen schnappte ich mir meinen Laptop und fuhr ich hoch. Flink loggte ich mich bei Skype ein und hoffte dort auf Jill zu treffen. Ich hatte Glück, sie war da. Also kramte ich mein Headset unter dem Bett hervor und verband mich mit ihr. Schon nach dem zweiten Klingeln ging sie ran.

„Hey Bells.“, grüßte sie fröhlich.

„Hallo Süße. Na alles klar bei euch?“

„Ja sicher, alles gut und bei dir? Wie siehst aus mit deinem Edward?“ Ich kicherte. Sie war wie immer, forsch und direkt, so wie ich sie liebte.

„Ja… es geht. Wir sind heute zusammen geritten und waren danach mit einer seiner Schwestern einkaufen. Ich sag dir es war schrecklich. Alice ist shoppingsüchtig.“, rief ich ins Mikrofon.

„Na dann passt sie ja zu dir, Gegensätze ziehen sich ja an.“

„Ja sicher doch. Na ja und was Edward angeht… ich bin mir nicht ganz sicher was ich von ihm halten soll. Er scheint ein Geheimnis zu haben… und… wir…“ Mein Gott, am anderen Ende war meine beste Freundin, mit der ich alles teilte, also warum nicht auch die Sache am Strand. Ich schluckte.

„Jaaa?“, drängte Jill mich weiter zu reden.

„Also, heute war ja dieses Vorsingen und ich habe meinen Song gesungen, Edward hat mich auf dem Klavier begleitet und danach bin ich in seinen Armen heulend zusammengebrochen.“, erklärte ich ihr.

„Oh mein Gott, Bella. Geht’s dir wirklich gut, das muss schrecklich gewesen sein. Willst du darüber reden?“, fragte sie fürsorglich.

„Nein, schon gut, aber danke. Ich hab heute schon einmal darüber gesprochen, das reicht erstmal.“, gab ich zu.

„Mit wem?“

„Edward. Am Strand von La Push. Dann haben wir uns geküsst.“ Es platzte einfach aus mir heraus, ohne, dass ich weiter nachdenken konnte.

Jill zog zischend die Luft ein und brach dann in Jubelgeschrei aus. Ich musste mir sogar die Hörer von den Ohren weghalten, so laut war sie.

„Ohh Bella. Das ist toll. Seid ihr jetzt zusammen?“, fragte sie euphorisch. Ich konnte nur lächeln. Konnte ich mir eine Beziehung zu Edward vorstellen? Die Antwort war mir noch nicht klar, ich musste ihn wohl noch besser kennen lernen.

„Nein wir sind nicht zusammen und geredet haben wir danach auch nicht wirklich darüber.“

„Süße, das sollte ihr wirklich nachholen, wenn er dich schon küsst, empfindet er bestimmt auch mehr für dich.“

„Meinst du? Na ja, ich will ihn nur gerne noch besser kennen lernen und versuchen hinter sein Geheimnis zu kommen, ich fühle mich immer eigenartig in seiner Nähe, so etwas hab ich vorher noch nie gespürt.“

„Hmm, ich hab gestern etwas gefunden, was dich vielleicht interessieren könnte.“, meinte meine Freundin nachdenklich. „Ich war gestern bei meinen Großeltern und hab dort etwas Interessantes gefunden.“ Sie machte eine Pause.

„Nun sag schon, Jill!“, drängte ich sie zum Weiterreden.

„Es war eine Pferdefachzeitschrift von 1985.“

„Und was ist so spannend an einer Zeitung von vor 25 Jahren?“, unterbrach ich sie.

„Lass mich doch ausreden. Also in dieser Zeitschrift standen einige Turnierergebnisse der Saison und soll ich dir sagen wessen Name dort auch stand? Edward Cullen.“


Wie schwiegen, lange sagte keiner ein Wort.
„Bella, bist du noch dran?“, fragte Jill leise.
„Ja, aber… aber das kann gar nicht sein. Edward ist erst 17 Jahre alt, es ist unmöglich, dass sein Name in seiner Zeitung von 1985 steht.“
„Vielleicht ist es auch sein Vater?“, mutmaßte Jill.
„Nein, das kann auch nicht sein, sein Vater heißt Carlisle.“
„Und sein Großvater?“
„Das weiß ich nicht, aber ich werde ihn darauf ansprechen. Ich ruf dich wieder an, wenn ich etwas in Erfahrung bringen konnte. Bis dann Süße, Gute Nacht.“ Sie verabschiedete sich auch noch und wir beendeten unser Gespräch. Es war wirklich eigenartig, aber sicher hatte Edward eine Erklärung dafür. Ich schmiss alle meine Bedenken über den Haufen, griff nach meinem Handy und wählte seine Nummer. Ich würde sowieso nicht schlafen können und nur über Jills Fund nachdenken. Schon nach dem ersten Klingeln nahm Edward das Gespräch entgegen, er schlief also noch nicht.“

„Hallo?“, meldete sich Edward.
„Hi, ähm… Hallo Edward, hier ist Bella.“, sagte ich leise.
„Bella, hey.“
„Edward… können wir reden?“, brachte ich mühsam meine Frage hervor. Jetzt war ich doch etwas nervös. Hoffentlich reagierte er nicht zu empfindlich auf meine Frage. Noch mehr hoffte ich, dass er eine plausible Erklärung hatte.
„Sicher doch. Was hast du auf dem Herzen?“
„Na ja, ich hätte eher eine Frage. Ich hoffe es kommt nicht kindisch herüber. Ich komme mir etwas dumm vor, aber wenn ich das jetzt nicht frage, kann ich nicht schlafen.“, ratterte ich runter. Gott, ich war so hibbelig auf einmal. Das Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz raste, es hätte mich nicht gewundert, wenn er es durch den Lautsprecher hören würde.
„Du kannst mich alles fragen, was du möchtest, Bella.“, sagte er sanft. Ich atmete noch einmal tief durch.
„Ich hatte gerade mit einer Freundin aus Chicago telefoniert und sie hat da etwas gefunden, bei ihrem Grandpa. Es war eine Fachzeitschrift vom Turnierreiten… na ja und dort in den Ergebnislisten tauchte dein Name auf. Ich hab dann überlegt, du kannst es ja nicht sein, die Zeitung ist 25 Jahre alt, aber vielleicht dein Großvater? Jill, meine Freundin dachte erst an deinen Vater, aber das ist ja Carlisle… und da dachte ich…“

„Bella, beruhige dich bitte. Hol tief Luft und lass mich das erklären.“, unterbrach Edward meinen Redeschwall.
„Okay.“, sagte ich nur und war jetzt sehr gespannt auf seine Erklärung. Ohne zu zögern antwortete er.
„Also erstmal muss ich dir sagen, dass Carlisle nicht unser richtiger Vater ist. Wir sind alle adoptiert. Aber das ist eine andere Geschichte.“ Ich starrte geschockt meine Wand an. Adoptiert? Alle? Warum hatten Mr. und Mrs. Cullen keine eigenen Kinder? Und was war aus ihren leiblichen Eltern geworden. Ich schluckte.

„Bella, mach dir keine Sorgen, ich erzähl dir später davon. Also das in der Zeitschrift kann eigentlich nur mein leiblicher Vater sein, er hieß… auch Edward.“ Warum zögerte er auf einmal? Hatte ich ihn nun doch mit meiner Neugier verletzt?

„Edward, du musst nichts erzählen, wenn du nicht willst.“

„Nein, nein schon gut. Ich würde dir am liebsten noch so viel mehr erzählen.“, sagte er. Er klang wehmütig, er war so geheimnisvoll, aber er klang so, als könnte… durfte er mir nichts erzählen. Ich sagte eine Zeit nichts.

„Bella? Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf und geh schlafen, es ist spät, wir sehen uns morgen früh.“

„In Ordnung, bis morgen. Ach ja, ich kommt übrigens zu eurer Party. Gute Nacht.“

„Ich freu mich, dir auch eine gute Nacht. Bye.“ Wir beide legten auf und ich wandte mich wieder meinem Laptop zu. Mir fiel das kleine blinkende Kästchen am unteren Bildschirmrand auf, schnell öffnete ich mein E-Mailprogramm. Jill hatte mir noch etwas geschickt. Ich öffnete die Datei und wartete bis das Bild geladen war. Erschrocken riss ist die Augen auf. Wie war das möglich. Ich kannte niemanden, der seinem Vater sooo ähnlich sah. Auf dem Bild strahlten mir nicht irgendjemands Augen entgegen. Es waren Edwards. Hektisch versuchte ich den kleinen Text unter dem Bild zu entziffern.

‚1985 - Edward Cullen (17) gewinnt auf seinem Hengst Vento d'estate den Goldcup für 6-jähige Pferde.’

Oh mein Gott. Diesen Namen hatte ich schon einmal gehört… nein gelesen. In der Sattelkammer, bei Edwards Auszeichnungen hing eine Schleife und eingraviert war der Name ‚Vento d´estate’ . Mein Atem wurde immer schneller. Was hatte das alles zu bedeuten? Es gab gar keinen Zweifel, es war Edward, der jetzige Edward Cullen auf diesem Bild. Wie war das möglich, dort stand er wäre 17 Jahre alt, doch jetzt war er es auch?! Die Gedanken in meinem Kopf rasten wild durcheinander, fanden aber keinen Zusammenhang oder eine Erklärung dafür. Ich starrte dieses Bild fast zwanzig Minuten an, ohne dass ich zu einer Lösung kam. Ich bekam Kopfschmerzen, vielleicht gab es ja eine ganz einfache Erklärung, möglicherweise steckte aber auch etwas ganz großes dahinter. Ich würde es auf jeden Fall herausfinden, egal wie. Doch das konnte erstmal warten. Ich musste schlafen, meine Augen brannten und mein Kopf pochte. Gerädert ging ich ins Bad und machte mich bettfertig, dann schrieb ich noch eine kleine Antwort für Jill und fuhr den Laptop herunter. Während ich langsam in den erlösenden Schlaf glitt, beschloss ich das Foto erstmal in den Hintergrund zu rücken, ich wollte mir den Anfang in Forks nicht wegen solcher Sachen vermiesen. Ich sollte wirklich froh sein, so schnell ein paar Freunde gefunden zu haben, besonders jemanden wie Edward.

Der nächste Tag verlief ohne größere Ereignisse. Morgens fuhr ich endlich wieder alleine zur Schule und wurde schon von Edward, Alice und Jasper erwartet. Gemeinsam gingen wir zu unserer ersten Stunde. Die Stimmung war locker und niemand, weder Edward, noch ich erwähnten das abendliche Telefonat. Ich wollte das Bild und das Geheimnis dahinter erstmal verdrängen und auf einen besseren Moment warten um Edward darauf anzusprechen.

Nach der Schule fuhr ich kurz nach Hause um mich umzuziehen und keine zehn Minuten später stand ich in der Box von meiner dunkelbraunen Stute und verwöhnte sie mit einer ausgiebigen Striegelmassage. Sie hatte entspannt den Kopf gesenkt und die Unterlippe hervor geschoben. Ihre Ohren hingen locker zur Seite, alle Muskeln waren locker und ab und zu war ein leises Schnauben zu hören. Eine ganze Stunde beschäftigte ich mich mit der Fellpflege meiner Stute. Am Ende glänzte ihr Fell, die Mähne war seidig glatt und sie sah rundum zufrieden aus. So zufrieden, dass ich sie heute nicht noch schwer fordern wollte. Stattdessen, legte ich ihr das weichgepolsterte Halfter um und klickte den Führstrick ein. Es war still auf dem Hof als ich aus dem Stall trat. Zu still meiner Meinung nach, sonst war eigentlich immer etwas los hier, doch keine Menschenseele war zu sehen. Ich zuckte lediglich die Achseln und führte Eclipse am langen Zügel in Richtung Wald. Sie blieb immer wieder stehen um ihre weiche Nase in das saftige Gras am Wegrand zu versenken. Lange schlenderten wir einfach den Fußweg entlang, als Eclipse plötzlich wie angewurzelt stehen bliebe, die Nüstern weit blähte und die Ohren aufmerksam nach vorne und hinten schnellen ließ. Ein lautes Schnauben verlieh ihrer Nervosität Nachdruck. Ich sah mich in der Umgebung um, erkannte aber nichts Außergewöhnliches. Ein heftiges Rucken am Strick riss mir fast den Boden unter den Füßen weg. Meine Stute tänzelte unruhig rückwärts aus dem Wald heraus. Irgendetwas schien sie hier zu spüren, da Pferde einen so viel besseren Instinkt hatten als Menschen, merkte ich es wahrscheinlich nicht. Aber ich verließ mich immer auf mein Pferd und verließ schnellstmöglich den Wald und ging zurück zum Stall. Je näher wir kamen, desto ruhiger wurde Eclipse auch wieder, auch mein Herzschlag verlangsamte sich wieder. Ich hatte doch etwas Angst bekommen, wer wusste schon was sich im Wald so versteckte. Nachdem ich den Eindruck hatte, dass mein Pferd sich wieder beruhigt hatte, entließ ich sie auf die weitläufige Koppel. Schnell räumte ich noch meine Sachen im Stall weg und lief nach Hause, ohne noch einem der Cullens über den Weg zu laufen.

Am nächsten Morgen warteten Alice und Edward wieder an Edwards Auto auf mich. Langsam wurde es zur Gewohnheit, welche ich aber auch nicht mehr missen wollte. Es war schön so schnell Freunde gefunden zu haben. Ich hatte zwar schon oft die Stadt, ja sogar den Kontinent und somit auch die Schule gewechselt und war es gewohnt immer wieder neu anfangen zu müssen, aber es war dennoch immer gut nach kurzer Zeit ein paar Bezugspersonen um sich zu haben. Als wir das Schulgebäude betraten, sprang mir sofort das große, gelbe Plakat ins Auge. Als Überschrift stand am oberen Rand ganz groß ‚Recall’. Ich ahnte schreckliches. Edward schien das Plakat auch gesehen zu haben, denn er zog mich am Handgelenk sanft hinter sich her, damit wir es lesen konnten.


Liebe Musicalteilnehmer,

Es waren einige außergewöhnlich Talente unter euch, die sich nicht so recht trauten auch schwierigere Rollen einzunehmen, diese Schüler bitte ich um einen Recall und ein persönliches Gespräch. Die folgenden Schüler melden sich bitte am nächsten Mittwoch um 14 Uhr im Musiksaal.

Angela Weber
Jessica Stanley
Ben Cheney
Lauren Mallory
Isabella Swan

Mr. Mclachlan


Oh.My.God. Entsetzt riss ich meine Augen auf, dann musste ich ein paar Mal blinzeln, um mich zu versichern, dass ich nicht träumte oder eine Fata Morgana sah.

„Edward, da steht nicht wirklich mein Name, oder?“, fragte ich zur Sicherheit noch mal. Edward kichert nur.

„Doch Bella, sieht ganz so aus.“

„Das darf doch wohl nicht wahr sein, ich habe mich extra nicht für eine Hauptrolle eingetragen, das hatte schon seinen Sinn. So gut kann ich gar nicht singen.“, beharrte ich stur.

„Du unterschätzt dich, du singst fantastisch.“, sagte Edward und sah mir dabei direkt in die Augen. In ihnen sah die Ehrlichkeit seiner Worte. Ergeben senkte ich den Kopf und seufzte schwer. Na super, ein Recall also, ich hatte ja auch nichts Besseres zu tun.

Nach meiner letzten Stunde wartete Alice vor dem Raum auf mich und begleitete mich zum Parkplatz.

„Also wann kann ich heute Abend kommen?“, fragte ich Alice

„Mhh so gegen halb acht. Komm am besten zu uns, dann kann Edward dich mitnehmen.“

„Wohin? Ist die Party nicht auf dem Hof?“, fragte ich.

„Nein, die armen Pferde.“, kicherte sie.

„Ja, hast Recht und wo steigt nun die Party?“

„Das wird nicht verraten, aber du wirst begeistert sein, glaub mir. Wir sehen uns dann. Bye.“, sagte sie schnell und flitzte zu Edwards Wagen. Ich winkte ihnen noch einmal zu und stieg in mein Auto. Hätte ich jedoch gewusst, was mich dort erwartete, wäre ich wohl nicht nach Hause gefahren.

„Vergiss es, Isabella. Diesen Abend hast du dir nicht verdient.“ Diese Diskussion führte zu nichts. Es war auch wirklich alles schief gelaufen, was schief laufen konnte. Meine sonst du redeschwachen Eltern hatten sich wirklich mal einen Abend zusammen genommen und sich unterhalten. Ja und dabei kam auch heraus, dass ich meine Mutter nicht wegen der Party gefragt hatte und sie wütend auf mich war. Er wollte mir also die Party verbieten, aber nicht mit mir, so nicht. Das würde ich mir diesmal nicht wieder gefallen lassen. In seinen Augen sah ich, dass es keinen Sinn machte zu diskutieren, er würde seine Meinung nicht mehr ändern. Er würde bei seinem ‚nein’ bleiben.

Als ich diesen entschlossenen Ausdruck in seinen Augen erkannte, war auch ich entschlossen. Ich würde jetzt nicht die brave Prinzessin spielen und heute, am Freitagabend, in meinem Zimmer versauern. Nicht mit der Aussicht auf eine gigantische Party bei den Cullens.

Mein Plan stand schon, er musste nur noch erfolgreich ausgeführt werden. Ich attackierte noch mit einem wütenden Blick und stürmte dann sie Treppe hinauf in mein Zimmer. Ich ließ das Türschloss extra laut klicken, damit auch jeder wusste, dass ich heute nicht mehr ansprechbar war.

Ich musste erst einmal tief durchatmen und meinen Ärger runterschlucken, dann griff nach meinem Handy und tippte schnell eine SMS an Edward.

Hey Edward,
Kannst du mich vielleicht an der Hauptstraße abholen?
Ich erklär dir später warum.
Wäre super nett von dir.
Lg Bella

Es dauerte nicht lange und mein Handy zeigte eine Kurzmitteilung an.

Hi Bella,
Klar kann ich dich holen, kein Problem.
Bin in 10 Minuten da.
Lg Edward

Gut, das wäre also geklärt. Ich packte mein Handy, meine Schlüssel und alles was eine Frau halt so brauchte für eine Party in meine Handtasche. Dann öffnete ich die Balkontür und kletterte die Brüstung und an den Rosenrankgittern nach unten. Schnell schlich ich mich durch unseren Garten auf die Straßen. Ich warf noch einen Blick zum Wohnzimmerfenster, aber alles war ruhig. Na dann konnte die Party ja steigen. Zügig lief ich zur Hauptstraße. Dort stand auch schon der silberne Volvo. Edward lehnte lässig an der Beifahrertür und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er sah wie immer atemberaubend schön aus. Sein dunkles Hemd schmiegte sich perfekt um seine Muskeln und seine bronzefarbenen Haare standen wie immer wild vom Kopf ab. Ich konnte meine Augen kaum von ihm abwenden. Als ich am Auto ankam, begrüßten wir uns mit einer kurzen Umarmung.

„Hey, Kleine.“

„Ey ich bin nicht klein.“, erwiderte ich und schubste ihn leicht.

Lachend öffnete er die Beifahrertür und ließ mich einsteigen. Dann ging er um den Wagen herum und glitt elegant auf seinen Sitz.

Wir fuhren jetzt fast 10 Minuten, als Edward endlich die Stille brach.

„Also?“

„Also was?“, fragte ich irritiert.

„Du wolltest mir noch was erzählen.“, erinnerte er mich.

„Ach ja, also mein Dad hat heute seine Meinung ganz plötzlich geändert und wollte mich nicht gehen lassen.“

„Aber du bist jetzt hier.“, stellte er fest.

„Ähm ja…“, fing ich unsicher an. „Ich bin abgehauen.“

Er zog eine Augenbraue hoch und blickte dann schmunzelnd zu mir hinüber.

„Du bist einfach weggelaufen?“, fragte er. „Und ich helfe dir auch noch dabei, wenn ich dafür mal nicht in den Knast komme.“

Ich lachte leise. „Du spinnst doch.“

„Ach tu ich das?“, schmunzelte er. Er hielt den Wagen an einem Steg am Hafen an. „So wir sind da, bereit auf den Wellen zu tanzen?“, fragte er.

„Wie meinst du das… auf Wellen tanzen?“, stellte ich unsicher die Gegenfrage.

„Ja, das ist so auf einer Yacht. Rundherum sind Wellen und wir sind darauf.“, antwortete er und sah mir schelmisch in die Augen.

„Ähm… ja, okay lass uns gehen.“ Ich war etwas verwirrt.

Nie hätte ich gedacht, dass sich die Party auf einer Yacht abspielen würde, ich hatte gedacht wir würden irgendwo am Strand feiern, aber das sah nicht wirklich danach aus. Na gut, vielleicht konnte man auch auf einer Yacht gut Party machen. Obwohl, die Teile waren doch gar nicht so groß. Doch ich wurde wieder überrascht. Die strahlendweiße Yacht war gigantisch und sie war auch schon gut besucht. Ich konnte Alice durch die Gegend huschen sehen und Emmetts dröhnendes Lachen hören. Jasper saß auf dem geschwungenen, weißen Sofa, neben ihm saß Lauren und schmachtete ihn so offensichtlich an, dass es schon eine Verletzung der Mädchenehre war. Dass Alice da nicht ausflippte? Na ja aber Jazz sah auch nicht danach aus, als würde er ihre Gesellschaft genießen. An der Bar entdeckte ich Angela, mit Mike, Ben, Eric und Tyler, dahinter mixte Emmett die Cocktails.

Edward hüpfte geschickt an Bord und bot mir seine Hand. Ich nahm sie und spürte wieder diese Kälte. Aber darüber machte ich mir jetzt keine Gedanken, ich wollte jetzt feiern und auch nicht an mögliche Konsequenzen wegen meines Verschwindens denken. Kaum hatte ich einen Fuß an Bord gesetzt, stand auch schon Alice an meiner Seite und hakte sich bei mir ein.

„Hi Bella, schön dass du da bist, komm setz dich, ich mach dir einen Cocktail. Was möchtest du? Sex on the Beach? Pina Colada? Margarita? Caïpirinha? Ohh, willst du überhaupt einen mit Alkohol? Oder möchtest du erstmal etwas essen? Wir haben Snacks, Chips, Obstplatten und… Was? Warum grinst du so?“

Mein Grinsen wurde immer breiter und auch Edward, der sich zu uns gesellte, hatte Schwierigkeiten sich das Lachen zu verkneifen.

„Alice, du redest ohne Punkt und Komma, du überforderst Bella doch total.“, grinste Edward immer noch. Alice klappte der Mund auf.

„Ach mach dir nichts draus ich hätte aber dann doch gerne einen Caïpirinha.“, sagte ich an Alice gewandt, woraufhin sie schnell verschwand.

Keine Minute später stand sie auch schon wieder vor mir und überreichte mir meinen Cocktail. Ich dankte ihr und sah mich dann ein wenig auf der Yacht um. Aus vier Boxen an den Wänden kam noch ruhige Musik, aber ich konnte mir vorstellen, wenn die Party erstmal richtig in Gang kam, würde hier auch coole Tanzmusik gespielt werden. Hoffentlich hielt die Yacht das aus, nicht dass sie von unserem Herumgehüpfe noch sank. Nach und nach wurde es voller. Edward stand mittlerweile an der Rampe die auf die Yacht führte und half den Mädchen wenn nötig. Als ich Jessica erkannte, musste ich mir eine Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszulachen. Sie sah aus, als wäre sie in einen pinken Farbeimer gefallen. Pinkes, ultrakurzes Kleid, pinke High Heels, pinke Handtasche, pinke Fingernägel und pinke Schminke, haufenweise im Gesicht verteilt. Sie blieb vor dem Steg stehen und betrachtete ihn argwöhnisch.

„Kann ich dir vielleicht helfen?“, fragte Edward höflich. Er konnte wirklich gut schauspielern. Ich wusste ganz genau was er von ihr hielt.

„Ich geh da nicht rauf.“, kam es von Jessica.

„Darf ich fragen warum nicht?“

Jessica sah sich intensiv den Holzsteg an und dann das Wasser, welches darunter leicht an die Seite plätscherte.

„Ich kann nicht schwimmen“, meinte sie trocken, aber mit einem leichten Zittern in der Stimme und einem völlig ernsten Gesichtsausdruck.

„Ja Jessica, wir haben aber ein Boot ! Das schwimmt für dich.“, sagte Edward und versuchte sich zu beherrschen.

Nun war es um mich geschehen. Ich lachte laut los. Emmett hatte die Szene wohl auch mit angesehen und stimmte in mein Lachen mit ein. Verwirrt schauten die anderen uns an. Ich musste mir schon den Bauch halten, weil er sich so verkrampft hatte.

Trotz allem hielt er ihr immer noch seine Hand entgegen und führte sie dann auf die Yacht. Ich versuchte mich währenddessen wieder zu beruhigen. Ich wischte mir die Lachtränen aus den Augen, als Jessica an mir vorbei lief, mir einen tödlichen Blick zuwarf und sich dann mit überkreuzten Beinen am anderen Ende auf das Sofa setzte.

Einige unserer Mitschüler erweiterten die Party auf den Steg. Ich saß immer noch auf der Couch, mit meinem dritten Cocktail und war schon leicht angeheitert, als Alice angehüpft kam und mich auf die kleine Tanzfläche bugsierte. Wir bewegten uns ausgelassen zum Rhythmus und zogen sämtliche Blicke auf uns. Normalerweise stand ich nicht so gerne im Mittelpunkt, doch hier machte mir das nichts aus. Meine Hemmungen waren mit dem Alkohol weg geflossen. Mein Blick ging beim Tanzen immer wieder in Edwards Richtung, welcher sich auch auf der Tanzfläche befand. Er wurde von Jessica, Lauren und einem weiteren Mädchen, welches ich nicht kannte, umzingelt und angetanzt. Komischerweise gefiel mir dieser Anblick gar nicht. Ein seltsames Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Edwards Blick kreuzt meinen und das Gefühl verstärkte sich noch mehr, als er langsam auf mich zukam und Alice leicht abdrängte.

„Ich darf doch?“, fragte er über die Musik hinweg. Der Song wechselte und Edward begann sich rhythmisch zu bewegen. Er griff nach meinen Hüften und bezog mich in seinen Tanz mit ein. Ich passte mich ihm an, blieb aber dennoch auf Abstand. Während des ganzen Songs änderte er seine Haltung kaum und sah mit unentwegt in die Augen. Ich schmolz beinahe, er machte mich fertig. Diese Augen, so intensiv und durchdringend. Ich drohte ihm zu verfallen.

„Schenkst du mir auch noch den nächsten Tanz?“, flüsterte er mir direkt ins Ohr. Eine leichte Gänsehaut überzog meine Körper. Ich konnte die Spannung zwischen uns schon fast Funken sprühen sehen, so deutlich war sie. Als der Titel wieder wechselte und ich das Intro von Dirty von Christina Aguilera erkannte, machte sich in meinem Gesicht ein verführerisches Grinsen breit. Jetzt sollte er mal leiden. Den Song konnte ich auswendig und ihm waren schon so einige Jungs in Phoenix verfallen. Für mich war das immer nur ein Spiel und es war fast schon zu leicht die Aufmerksamkeit der männlichen Bevölkerung auf sich zu ziehen. Ein paar eindeutige Bewegungen und sie fingen an zu sabbern.

Er hatte mich losgelassen, nachdem er registrierte welches Lied lief. Nun griff ich wieder nach seinen Händen, nahm meinen ganz Mut zusammen und legte sie fest an meine Taille. Meine Hände schlängelten sich über seine Brust zu seinem Nacken und blieben dort liegen.

Ah, dirty (dirty)

Das ‚Dirty’, welches von Christina kam, flüsterte ich ihm heiß ins Ohr. Er schauderte leicht.

Filthy (filthy)
Nasty, you nasty (yeah)
Too dirrty to clean my act up
If you ain't dirrty
You ain't here to party (woo!)
Ladies (move)
Gentlemen (move)

Bei ‚Ladies’ und ‚Gentleman’ ließ er seine Hände von meiner Taille runter zu meinen Hüften gleiten und ließ sie dort liegen.

Somebody ring the alarm
A fire on the roof
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)
Ring the alarm (and I'm throwin' elbows)

Dann legte ich los und ließ meine Hüften lasziv gegen seine kreisen. Mal ruckartig, mal fließend, ich passte meine Bewegungen an den Beat der Musik an.

Oh, I'm overdue
Give me some room
I'm coming through
Paid my dues
In the mood
Me and the girls gonna shake the room
DJ's spinning (show your hands)
Let's get dirrty (that's my jam)
I need that, uh, to get me off
Sweat until my clothes come off

Edward passte sich perfekt meinen verführerischen und heißen Bewegungen an und führte mich teilweise mit seinen Händen, die immer noch an meiner Hüfte lagen.

It's explosive, speakers are pumping (oh..oh)
Still jumping, six in the morning
Table dancing, glasses are mashing (oh...oh)
No question, time for some action
Temperature's up (can you feel it)
About to erupt
So..
Gonna get my girls
Get your boys
Gonna make some noise

Dann ließ ich meine Hände an seinen muskulösen Armen herunter gleiten. Eine Hand platzierte ich wieder auf seiner harten Brust. Langsam stolzierte ich nahe an ihm einmal um ihn herum, ließ die Hand auf seinem Körper mitwandern. Sie strich über seine Brust, über den Oberarm und Rücken, landete zum Schluss wieder vorne auf seiner Brust.
Ich fesselte ihn mit meinen Augen, als ich nun auch meine andere Hand auf seinem Oberkörper platzierte. Er griff mich am Handgelenk und schubste mich ein Stück weg von seinem Körper, an dem ich schon fast klebte. Er nahm meine Hand nun richtig und wir legten beim Refrain richtig los.

Wanna get rowdy
Gonna get a little unruly
Get it fired up in a hurry
Wanna get dirrty
It's about time that I came to start the party
Sweat dripping over my body
Dancing getting just a little naughty
Wanna get dirrty
It's about time for my arrival

Inzwischen hatten die anderen aufgehört zu tanzen, bildeten einen kleinen Kreis um uns und starrten uns mit großen Augen an. Ich meinte sogar die Jungs sabbern zu sehen, soviel also dazu, ein voller Erfolg. Auch Edward schien es nicht anders zu gehen. Seine Augen waren das pure Feuer, sie waren pechschwarz und durchbohrten mich förmlich. Doch ich war noch nicht fertig und setzte noch eins drauf.

Ah... heat is up

Ich tanzte an Edward Seite und platzierte meine Beine so, dass seines zwischen meinen stand und ließ meinen gesamten Körper in einer Welle an seinen pressen.

So ladies, fellas
Drop your cups
Body's hot
Front to back
Now move your ass
I like that

Meine Augen waren immer noch mit seinen verbunden, meine Hände hatte ich auf seiner Schulter platziert. Ruckartig ging ich an seinem Bein in die Hocke, mein Kleid flog etwas nach oben und gab meine Hotpants darunter frei. Ich kam wieder hoch und war nun ganz nahe an seinem Gesicht, konnte seinen kalten Atem auf meiner Haut spüren. Doch bevor er in irgendeiner Weise reagieren konnte, ging ich mit kreisenden Hüftbewegungen wieder in die Hocke. Meine Hände hatte ich immer noch nach oben gestreckt, sie lagen nun auf seinem Bauch. Ich konnte die Muskeln fühlen, sie waren bis aufs Äußerste angespannt.

Tight hip huggers (low for sure)
Shake a little somethin' (on the floor)
I need that, uh, to get me off
Sweat until my clothes come off

Nach der letzten Zeile ging ich noch weiter, ich wollte alle um den Verstand bringen und zeigen, dass ich nicht Daddys kleine Prinzessin war, sondern durchaus meine Krallen zeigen konnte, wenn ich wollte.

Ich ging ein wenig auf Abstand, ließ meine Hüften wieder kreisen und drehte mich dabei langsam um die eigene Achse. Dabei griff ich an den Saum meines Kleides und zog es mit einem Ruck über meinen Kopf. Von überall her waren Pfiffe, das Grölen und Jubeln der Jungs zu hören. Alice feuerte mich weiter an, während die anderen Mädchen mir Giftpfeile mit ihren Augen zuschossen. Ich hatte unter meinem weißen Kleid einen weißgoldenen Bikini und eine weiße Jeanshotpan mit Goldnieten darauf an.

Let's get open, cause a commotion (ooh oh)
We're still going, eight in the morning
There's no stopping, we keep it popping (oh)
Hot rocking, everyone's talking
Give all you got (give it to me)
Just hit the spot
Gonna get my girls
Get your boys
Gonna make some noise

Nach dieser Aktion zog Edward mich wieder eng an sich, seine Hände waren auf einmal überall. Nicht einen einzigen Moment verließen sie meinen Körper. Mir war gar nicht mehr bewusst wo wir uns befanden, nur wir beide existierten noch auf dieser Welt. Ihm schien es nicht anders zu gehen. Seine Augen waren, wenn möglich noch dunkler. Sie strahlten das pure Verlangen aus und verzehrten mich fast. Den Rest des Songs bekam ich nur noch am Rande mit, ich ließ mich in Edwards starke Arme fallen und mich bei unseren Bewegungen führen. Er war ein fantastischer Tänzer. Doch leider ist auch der beste Song einmal vorbei.

Edward und ich standen noch einen Augenblick eng zusammen, ich rang um Atem. Dann löste er sich leicht und sah mich wieder an. Sein Blick war nun etwas weicher, die Augen wieder heller. Um uns brach ein ohrenbetäubendes Getöse los. Alle jubelten, pfiffen und klatschten, bis auf Jessica und Lauren, die versuchten mich immer noch mit ihren Blicken zu töten. Ich ging ein paar Schritt von Edward weg und wurde gleich von Alice angefallen, sie umarmte mich stürmisch und zog mich zu der Sitzecke. Edward wurde so gleich von den beiden Giftspritzen angetanzt, oder eher attackiert. Er tat mir etwas leid und auch sein Blick zeigte deutliches Unbehagen.

Plötzlich und völlig unerwartet stand Emmett in seiner vollen Größe genau vor mir. Erschrocken fuhr ich zusammen und sah böse zu ihm rauf. Er grinste nur frech.

„Na Bella, Lust mit schwimmen zu kommen?“, fragte er.

Kurzentschlossen stimmte ich zu und stieg vor versammelter Mannschaft aus meinen Hotpants. Mir war beim Tanzen so heiß geworden, dass ich die Abkühlung gut vertragen konnte. Die Sonne ging gerade unter, also konnte man noch gut sehen. Emmett hatte einige Luftmatratzen aufgepumpt und die Mädels stürzten sich auf diese. Ich fragte mich warum sie ins Wasser gingen und dann nur auf diesen Teilen rumlagen, das war doch langweilig. Ich folgte Emmett nach draußen, dieser sprang auch gleich kopfüber ins Wasser. Ich ließ es dann doch eher langsam angehen, wer weiß, welche Temperatur das Wasser hatte.

Am Ende des Stegs war eine Leiter, ich kletterte sie langsam nach unten und hielt einen Zeh ins Wasser. Entgegen meiner Erwartung war es noch ziemlich warm, dafür dass wir schon September hatten und dieser Ort nicht berühmt für seine Hitzewellen war. Wie aus dem Nichts packten mit zwei kalte Hände an meiner Taille und zogen mich ohne Rücksicht rückwärts von der Leiter ins Wasser. Ich kam prustend wieder an die Oberfläche und hielt nach dem Täter Ausschau, doch dieser befand sich genau unter mir und zog mich wieder unter Wasser. Nachdem ich zum zweiten Mal nach oben kam, hörte ich Emmett laut lachen. Ohh dieser… dieser Mistkerl.

„EMMETT! Dafür wirst du büßen.“, drohte ich ihm und klatschte ihm eine Ladung Wasser ins Gesicht. Wir tobten noch eine Weile mit den anderen bis ich erschöpft an die Leiter schwamm. Als ich oben ankam, sah ich Edward. Er stand ziemlich eng umschlungen mit einem blonden, schlanken Mädchen am anderen Ende des Stegs. Sie gab ihm auf jede Wangen einen Kuss, der meiner Meinung nach etwas zu lange dauerte. Dann trat sie einen Schritt zurück und ließ ihre Hände von seinen Schultern über seine Brust streifen. Sie sah ihm tief in die Augen, während sie ihm irgendwas erzählte. Ich konnte sie nicht verstehen, aber es schien ihn zu amüsieren. Er lachte mit ihr und wirkte sehr vertraut mit der mir unbekannten Frau. Die beiden dort so stehen zu sehen, versetzte mir einen Stich im Herzen. Meine Gedanken rasten, vom Tag unserer ersten Begegnung, hinüber zu unserem Ausritt und der Lichtung, dem Vorsingen im Musikunterricht, dem Kuss, bis hin zu unserem Tanz auf dem Boot. Ich hatte mich schon oft gefragt, warum ich mich so fühlte in seiner Nähe. Ich fühlte mich geschützt, umsorgt und … geliebt?!

Doch was ich dort sah, zerstörte diese Gefühle, sowie ein Erdbeben ganze Städte vernichten konnte. Mein Herz wurde schwer, ich glaubte fast es würde aufhören zu schlagen. Jemand hatte sein Messer direkt hinein gestoßen und mit jedem Lächeln welches er ihr schenkte, wurde es weiter hinein geschoben.

„Hey Bella, bist du festgewachsen? Wir wollen auch noch hoch.“, sagte Ben etwas verärgert hinter mir.

„Oh, ja Sorry.“, sagte ich und kletterte auf den Steg und lief, ohne einen weiteren Blick auf Edward und die Unbekannte zu werfen, zur Yacht. Ich wollte hier nur noch weg, nur wie? Edward würde ich ganz sicher nicht fragen. Ich hatte keine Ahnung wie ich mich nun in seiner Gegenwart verhalten sollte.

Ich sammelte schnell meine Sachen ein und suchte Alice. Vielleicht hatte sie noch nicht soviel getrunken und konnte mich schnell nach Hause fahren. Ich fand sie zusammen mit Jasper auf der Couch, sie saß auf seinem Schoß und hatte sich an seine Brust gekuschelt.

„Ähm… Alice?“ Es war mir ein wenig peinlich die beiden zu stören, aber was sollte ich sonst machen? Sie blickte auf und sah mich erwartungsvoll an.

„Ähm… also… ich wollte eigentlich fragen, ob du mich… schnell nach Hause bringen könntest? Aber du bist sicher beschäftigt… ich laufe einfach“, stotterte ich mir zusammen. Sie lächelte leicht.

„Ach Bella, klar bring ich dich. Das ist doch kein Problem, dafür sind Freunde schließlich da, oder?“, sagte sie und stand auf. Ich verabschiedete mich noch schnell von Jasper und eilte Alice hinterher zu ihrem gelben Porsche.

‚Ja, das mit den Freunden ist so eine Sache.’, dachte ich mir und schaute noch einmal an die Stelle wo Edward und diese Frau standen, doch sie waren verschwunden. Sicher war sie seine Freundin und er war mit ihr irgendwo, wo es ruhiger war. Enttäuscht ließ ich den Kopf hängen und kletterte zu Alice ins Auto.

Alice hatte mich an der Hauptstraße raus gelassen, ich sagte ihr ich wollte noch ein Stück laufen. Die kühle Luft strich um mein Gesicht und ich spürte eine nasse, kalte Spur an meiner Wange. Ich hatte gar bemerkt, dass mir die Tränen flossen. Ich wischte sie schnell weg, bevor ich mich durch unseren Vorgarten zu meinem Balkon schlich. Ich hatte die Balkontür nur leicht angelehnt gehabt und konnte nun ohne Probleme hineinschlüpfen. Ich schloss die Tür hinter mir, warf meine Sachen aufs Bett und holte mir erstmal neue Sachen aus meinem Schrank. Mit meinem Pyjama ging ich in das angrenzende Bad um schnell zu duschen und mich bettfertig zu machen. Bevor ich mich ins Bett kuschelte, schloss ich meine Zimmertür wieder auf. Meine Eltern hassten es wenn ich mich über Nacht einschloss.

Ich kuschelte mich in meine warme Daunendecke und versuchte den letzten Teil der Party einfach zu vergessen und einzuschlafen.

Ich hatte mich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere gewälzt und hatte einen sehr unruhigen Schlaf. Immer wieder erwachte ich schwer atmend und mit stark klopfenden Herzen. Um fünf Uhr in der Früh konnte ich einfach nicht mehr schlafen und stand auf. Ich beschloss in den Stall zu gehen, Zeit hatte ich ja genug. Nach einer kurzen Dusche und einer Schale Müsli stieg ich in meinen Volvo und fuhr das kleine Stück zum Hof der Cullens. Ich hoffte, dass noch niemand auf war, ich wollte jetzt keinen von ihnen sehen. Am allerwenigstens Edward. Er löste etwas in mir aus, wovon ich nicht wusste, dass man so etwas fühlen konnte. Immer wenn er mich mit seiner kalten Hand berührte, schossen kleine Funken über meine Haut und die Stellen fingen an zu kribbeln. Ein Blick in seine faszinierenden Augen und ich vergaß wer ich war und wo ich mich befand. Sein Geruch war so berauschend. Welches Parfum er wohl benutzte? Aber dann sah ich wieder diese blonde, wunderschöne Frau an seiner Seite und alles zerbrach. Selbst wenn er mal nicht in meiner Nähe war, fühlte ich mich ihm nahe. Doch als ich sie sah, war er auf einmal ganz weit weg und unerreichbar.

Ich betrat leise den dunklen Stall. Ich hatte mich vorher vergewissert, dass das Haus auch noch dunkel und ruhig war. Ein leises und freundliches Schnauben kam mir entgegen, als ich die Stallgasse entlang ging. Der Geruch von frischem Heu drang mir in die Nase und neben dem gelegentlichen Schnauben waren vereinzelt Kaugeräusche zu hören. Hier musste also schon jemand gewesen sein und die Pferde gefüttert haben. Ich schlich langsam zu der Box von Eclipse. Sie stand in der hinteren Ecke und sah mir mit gespitzten Ohren entgegen. Nach kurzem Zögern trat sie ein paar Schritte auf mich zu und blies mir ihren warmen Atem ins Gesicht. Ich lächelte leicht und legte ihr meine Hand auf die weiche Nase. Ich strich ihr mit der anderen Hand über den schön geschwungenen Hals. Ihr Fell war seidig und warm. Doch ich merkte wie sich ihre Muskeln plötzlich anspannten. Ihr Ohrenspiel wurde unruhig, sie flogen hin und her.

Bellas Partyoutfit