Edward POV
*AHH, wer hat meine neuen, weißen Bandagen benutzt?*
Genervt verdrehte ich meine Augen, das war typisch Alice. Ständig hörte ich sie in Gedanken herumfluchen.
*Na warte Emmett Cullen, das wirst du noch büßen. Niemand, aber wirklich NIEMAND vergreift sich an meinen Sachen, ohne einfach so davon zu kommen!*
„EMMETT!!! Beweg sofort deinen Hintern hierher. Weglaufen bringt nichts, ich sehe es.“
Musste sie denn so schreien, reichte es nicht, dass sie mir ihre Gedanken schon immer entgegen schrie? Nein jetzt musste sie auch noch ihre quiekend hohe Stimme so benutzen, dass es einem das Trommelfell zerplatzen ließ.
Ja, ich konnte Gedankenlesen. Teilweise war es sehr praktisch, aber meist einfach nur nervtötend. Ich konnte nämlich von jedem die Gedanken lesen, vom jedem Menschen und von jedem meiner Art. In meiner Familie war es einzigartig, aber nicht ungewöhnlich und mittlerweile hatten sich alle daran gewöhnt selten mal Privatsphäre zu haben.
Ich war allerdings nicht der einzige mit solchen Fähigkeiten. Meine Schwester Alice hatte manchmal Visionen in denen sie die Zukunft von jemandem sah, der sich entschieden hatte einen bestimmten Weg zu gehen.
Dann war da noch mein Adoptivbruder Jasper. Er besaß die Gabe von Leuten in seiner näheren Umgebung die Stimmungen aufzugreifen und zu manipulieren. So konnte er einen Raum voller Menschen zu größter Euphorie bringen und nur in einem Bruchteil von einer Sekunde in tiefste Depressionen stürzen. Er spürte jede Stimmung in sich selbst und keiner konnte ihm in Sachen Gefühle etwas vormachen.
Wir drei waren mit unseren Gaben sozusagen die Freaks unter den Freaks.
Meine Familie war nicht wie jede, auch unter unseren Artgenossen waren wir etwas Besonderes. Für die Menschen um uns herum waren wir ein Mythos. Vampire… so nannten sie uns. Die kalten Wesen oder Blutsauger. Viele verbanden uns mit Dracula, doch er war es der ein Mythos war. Wir existierten. Und das schon sehr lange.
Carlisle war der erste, unser Familienoberhaupt, er wurde 1663 verwandelt. Danach war er lange einsam durch die Länder gestreift. 1918 fand er mich in Chicago, sterbend an der Spanischen Grippe. Er machte mich zu einem Vampir. Drei Jahre später erschuf er seine jetzige Frau Esme, meine Mutter. Um 1933 wurde Rosalie von ihm vor dem Tod gerettet, nachdem sie schwer misshandelt wurde. Carlisle hoffte, dass ich in ihr meine Seelenpartnerin finden würde, aber sie war nie mehr als eine Schwester für mich, ich hatte keinerlei leidenschaftlichen Gefühle für sie. Rosalie hatte in Sachen Liebe mehr Glück Zwei Jahre nach ihrer Verwandlung fand sie Emmett, er war noch ein Mensch und war von einem Bären angegriffen worden und schon fast tot. Rose brachte ihn zu Carlisle und er biss ihn. Ein paar Jahre später ergänzten Alice und Jasper unsere Familie und so zählte unser Clan sieben Vampire.
Doch wie schon gesagt unterschieden wir Cullens uns von anderen. Die meisten Vampire ernährten sich von Menschenblut. Okay, eigentlich taten das alle anderen, nur wir und ein Clan in Alaska nicht, wir wollten keine Menschen töten um unseren Durst zu stillen, wir bevorzugten Tierblut. Das machte uns zu etwas Besonderem.
Na gut das reicht jetzt erstmal von meiner Familiengeschichte, genug unheimliche Infos über mich.
Auch wenn wir Tierblut tranken, ein Tier würden wir nie… nein niemals anrühren. Unsere geliebten Pferde waren uns heilig, keiner könnte es sich verzeihen, wenn ihnen etwas zustoßen würde. Carlisle betrieb den Hof seit knapp 30 Jahren. Anfangs war es einfach ein Zeitvertreib, wir hatten in unserem ewigen Leben schon viel erlebt und irgendwann wurde es einfach langweilig. Aber auf einem Hof hatte man jeden Tag etwas zu tun. Zunächst hielten wir uns Rinder und eine kleine Herde Schafe. Dazu noch drei Kaltblüter. Nach und nach entwickelten wir alle ein Faible für die Huftiere. Die Rinder wurden immer weniger, was aber eher an Jasper und Emmett lag, sie fielen des Öfteren über das ein oder andere Vieh her und wir fingen an Pferde zu züchten. Daraus wurde später ein renommierter Turnierstall, hauptsächlich starteten wir in der Vielseitigkeit und als Team waren wir fast unschlagbar.
Leider würde das Team jetzt nicht mehr in seiner ursprünglichen Form antreten. Bis zur letzten Saison ritten Rosalie, Emmett, Alice und ich im Cullen-Team und wir gewannen in den letzten zwei Jahren den Saisonpokal der Vielseitigkeit. Nur jetzt brach die Mannschaft auseinander. Alice, unsere beständigste Reiterin, wollte in die Dressur wechseln. Sie war schon immer fasziniert von der Eleganz und der Anmut um diesen Sport. Sie liebt die Stärke und die gleichzeitige Leichtigkeit der Pferde in dieser Disziplin. Ich konnte diese Begeisterung nicht wirklich verstehen, ich liebte die Geschwindigkeit und das flügellose Fliegen über die hohen Hindernisse. Die Vielseitigkeit war der perfekte Sport für mich.
Und genau damit war ich gerade beschäftigt. Training. Ich trainierte täglich die verschiedensten Pferde. Pensionspferde, deren Besitzer keine Zeit haben und sich nur ein Pferd halten um damit ihren Reichtum zu demonstrieren oder von Zeit zu Zeit ritt ich auch unsere Schulpferde zur Korrektur, wenn mal wieder zu viele Anfänger auf ihnen rumgehampelt waren. Aber am liebsten beschäftigte ich mich mit meinem Twilight. Mein wundervoller Apfelschimmel war mein Ein und Alles, keiner konnte ihn so lieben wie ich. Man könnte fast meinen er wäre mein einziger Lebensinhalt.
Das Training verlief heute eher schleppend, was wohl an meiner nervigen, kleinen Elfenschwester lag, die mich die ganze Zeit mit ihrem fluchenden Geschrei in den Wahnsinn trieb. Aber nicht nur sie konnte ich heute nicht aus meinem Kopf verbannen. Überall diese vorfreudigen Gedanken. Alle bombardierten sie mich damit. War ich denn der einzige, der sich nicht wirklich freute?
Alice hatte gesehen, dass wir heute eine neue Reiterin mit ihrem Pferd in den Stall bekämen. Ich hatte prinzipiell nichts dagegen, aber sie sollte in unser Vielseitigkeitsteam kommen.
Dass Alice das Team verließ, hatte uns alle etwas geschockt, denn nun würde es das perfekte Cullen-Team nur noch zu dritt dastehen.
-----Flashback Alice POV-----
Zwei Stunden, seit geschlagenen zwei Stunden, 4 Minuten und 38 Sekunden rannte ich nun schon in meinem Zimmer hin und her, zerbrach mir meinen Kopf. Ich hatte meine Entscheidung nach langem Überlegen getroffen und prompt flog mir meine eigene Zukunft im Kopf herum. Ich wollte gar nicht, dass sie mir gezeigt wurde. Leider war es mir nicht gegönnt jene auszublenden oder zur Seite zu schieben. Diese Vision kam nicht unvorbereitet, ich hatte sie erwartet. Sie zeigte mir, dass ich meiner Familie heute Abend meine Entscheidung mitteilen würde, gleich nachdem sie vom Jagen wiederkämen. Frustriert hatte ich feststellen müssen, dass ich nicht sah wie ihre Reaktion ausfallen würde. Das machte mich dann doch etwas nervös.
„Hey meine kleine Elfe.“ Ich spürte wie Jasper sanft seine starken Arme von hinten um meine Hüften schlang und seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte. Langsam wich die Nervosität aus meinem Körper und ein Gefühl der Ruhe breitete sich wie ein Schleier über mir aus.
Jazz hatte bei mir noch nie seine Gabe angewandt um meine Stimmung zu beeinflussen, auch jetzt tat er es nicht. Seine bloße Anwesendheit brachte meinen nicht vorhandenen Puls runter. Würde mein Herz noch schlagen, so würde alleine seine Präsens es beruhigen.
Ich hatte mich also dazu entschlossen das Vielseitigkeitsteam zu verlassen, um mich in der nächsten Saison in der Dressur zu messen. Diese Disziplin zog mich schon fast magisch an. Die Faszination war überwältigend. Ich war einfach nur begeistert von diesem perfekten Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiter. Durch kaum sichtbare Hilfen brachte der Reiter seinen vierbeinigen Partner dazu höchstpräzisierte Bewegungen auszuführen. Dabei spürte man die geballte Kraft, dennoch sah es für Zuschauer so leicht aus. Obwohl es so leicht aussah, eine perfekte Dressurkür strotze nur so vor Bewegungsstärke und Ausdruck. Genau diese Vielfalt begeisterte mich. Ich wollte unbedingt ein Teil dieser wunderbaren und glamourösen Welt werden. Ich hatte auch schon ‚mein’ Traumpferd gefunden.
Aber bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte, hörte ich bereits den Rest meiner Familie Heim kehren. Seufzend wand ich mich aus Jaspers Umarmung, aber nicht ohne mich noch einmal an ihn zu drücken und mir einen Kuss abzuholen. Es war nun soweit. Eng umschlungen gingen wir ein Stockwerk tiefer. Sorgfältig versteckte ich meine Gedanken an das bevorstehende Gespräch vor meinem gedankenlesenden Lieblingsbruder. Stattdessen sang ich ‚Old McDonald’ auf Norwegisch. Verwirrt blickte er mir in meine Augen und versuchte etwas Nützliches aus meinen Gedanken zu erfahren. Ich hoffte sie würden nicht allzu enttäuscht sein.
„Warum sollten wir denn enttäuscht sein, was ist los, nun sag schon“, forderte Edward mich auf. Ich hatte wohl meine Gedanken doch nicht so unter Kontrolle, wie es mir lieb gewesen wäre. Ich merkte wie meine Gedanken sich selbstständig machten und sich nur noch um das Gespräch drehten.
„Alice!“ flehte Edward genervt. „Du hast deine Gedanken eh nicht mehr unter Kontrolle und ich bevorzuge es wenn ich nicht immer der einzige bin der etwas weiß!“ wetterte er weiter.
Ich atmete unnötiger Weise einmal tief durch und deutet auf den Esstisch, damit sich alle setzten. In Grunde war der Tisch nur Deko oder Tarnung für unsere Umwelt. Doch in einem Haus voller Vampire, mit ihren starken Charakteren, musste des Öfteren mal ein streitschlichtendes Gespräch her und so versammelten wir uns am großen Esstisch. Carlisle ließ sich am Kopf des Tisches nieder, ich ihm gegenüber am anderen Ende. Neben mir tauchte Jasper auf, griff sofort meine Hand und drückte sie zärtlich. Auf meiner anderen Seite saß Edward und starrte mich weiterhin an, in der Hoffnung vielleicht doch noch etwas vor den anderen herauszufinden. Er war einfach zu neugierig. Esme, Rose und Emmett verteilten sich auf den restlichen Stühlen.
„Nun Alice, was möchtest du uns mitteilen?“, fragend sah Carlisle mich an und wartet ruhig auf eine Antwort. Wie sollte ich ihnen das nur beibringen, langsam oder die Bombe einfach platzen lassen?
„Jetzt sag es einfach.“, antwortete Ed auf meine Gedanken.
„Ok, ich werde in der nächsten Saison nicht mehr…“. Doch weiter kam ich nicht. Edward schien den Rest des Satzes aus meinem Kopf zu kennen.
„Das tust du nicht wirklich oder? Das kannst du nicht machen. Wir brauchen dich doch.“, unterbrach er mich mit weit aufgerissenen Augen.
Ich seufzte und senkte meinen Blick auf die glatte Tischplatte. Verwirrt schauten Emmett und Rose zu Edward, dann zu mir. Entschuldigend blickte ich meine…ehemaligen…Teamkollegen an. Alle Gesichter spiegelten andere Emotionen wieder. Emmett versuchte immer noch zu begreifen, was ich ihnen sagen wollte. Rose sah mich sprachlos an und Edward… Edward saß mit unergründlicher Miene neben mir, doch ich wusste in ihm war es alles andere als ruhig. Plötzlich spürte ich durch Jaspers warme Hand eine beruhigende Welle strömen. Dankbar drückte ich seine Hand und eine entspannte Stimmung kam auf. Esme fand die Sprache als erste wieder.
„Alice würdest du bitte deinen Satz für alle Nichtgedankenlesenden beenden?“ Ich blicke erst Esme an, die meinen Blick liebevoll erwiderte, sie würde alle meine Entscheidungen akzeptieren, solange ich glücklich damit war.
Danach schweifte mein Blick weiter zu Rose und Emmett
„Ich werde das Vielseitigkeitsteam verlassen, nach dieser Saison.“, beendete ich meinen Satz. Emmett klappte der Unterkiefer runter. Auch Rose brachte erstmal keinen Ton heraus. Unsicher schaute ich jeden einzelnen an.
„Wie du meinst!“, war alles was Edward sagte, bevor er in den Wald verschwand.
„Du bist dir da ganz sicher? Und was willst du stattdessen machen?“, fragte Carlisle dreieinhalb Sekunden später.
„Ja ich bin mir ganz sicher. Ich möchte nur noch Dressur reiten. Meine Stärken lagen schon immer in der ersten Teilprüfung und mir macht es am meisten Spaß.“, versuchte ich mich zu rechtfertigen, wobei ich das Strahlen nicht aus meinen Augen verdrängen konnte.
„Mein Schatz, wir akzeptieren alle deine Entscheidungen und ich hatte ehrlich gesagt etwas viel Schlimmeres erwartet.“, meine Esme.
Auch Carlisle setzte nur eine entspannte Miene auf, ja warum auch nicht, sie würden sich meinem Glück nie in den Weg stellen und solange ich hier blieb war alles in bester Ordnung. Und auch Edward würde sich wieder beruhigen.
Und nun hieß es für mich ‚Byebye’ sagen zur Vielseitigkeit und ‚Hallo’ zur Dressur.
-----Flashback Ende-----
Na ja nun brachten wir einen Ersatz für Alice… und der würde heute kommen.
Donnerstag, 3. Dezember 2009
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