Donnerstag, 3. Dezember 2009

4. Kapitel Der erste Schultag und andere Katastrophen

Bella POV


Das schrille Klingeln meines Weckers ließ mich aus meinem Traum fahren. Schnell schaltete ich ihn aus und ließ mich zurück in mein Kopfkissen sinken. Ich gab mir noch fünf Minuten, wären da nicht meine Eltern gewesen.

„Isabella, steh auf!“, brüllte mein Dad die Treppe hinauf. Stöhnend drehte ich mich noch einmal um und kuschelte mich in meine warme Decke.
„Isabella! Steh auf, du musst zur Schule!“

Diesmal blieb es nicht beim Rufen. Meine Mutter kam in mein Zimmer gestürzt und riss die Vorhänge der Fensterfront auf, so dass das gleißende Sonnenlicht freie Bahn auf mein Bett hatte. Dann kam sie auf mein Bett zu gelaufen und zog mir ohne Rücksicht die Bettdecke weg. Instinktiv winkelte ich meine Beine an und igelte mich auf der Matratze ein.
Meine Mutter verschwand wieder aus meinem Zimmer. Leise seufzend setzte ich mich auf die Bettkante und blinzelte immer noch etwas verschlafen den Sand aus meinen Augen.

Langsam quälte ich mich aus meinem Bett ins Bad. Im Badezimmer war es kuschelig warm, ich stellte die Musikanlage an und leise erklangen die Töne von Pachelbels Canon in D.(1) Ich stieg schnell unter die Dusche. Danach putzte ich meine Zähne, föhnte meine Haare und ließ sie mir in leichten Wellen über die Schultern fallen. Mit einem Handtuch um den Körper tapste ich wieder in mein Zimmer und ging zu meinem begehbaren Kleiderschrank. Ich zog mir eine dunkle Röhrenjeans und ein graurosa Top an.(2) Nachdem ich fertig angezogen war, legte ich noch ein dezentes MakeUp auf und schlenderte gemütlich die Treppe nach unten in die Küche, wo mein Frühstück schon auf mich wartete. Still setzte ich mich an den Tisch und verputzte genießerisch die warmen Waffeln mit dem süßen Ahornsirup. Meine Eltern beachteten mich nicht weiter. Charlie versteckte sich hinter seiner Zeitung und Renée hatte eine Klatschzeitschrift aufgeschlagen.

Als ich fertig war, räumte ich mein Geschirr in die Spüle und huschte nach oben in mein Zimmer um meine Schulsachen zusammen zu packen. Schnell verschwanden Bücher, Hefte, Stifte, mein iPod und mein Haustürschlüssel in der Tasche. Unten schnappte ich mir noch meine schwarze Jacke vom Haken und den Autoschlüssel meines Volvos.
„Ciao Mom, bye Dad.“, rief ich noch bevor ich nach draußen lief.

Ich öffnete die Fahrertür und ließ mich auf den Sitz gleiten. Schnell gab ich die Adresse der Forks High School in das Navi ein und startete den Motor.
Ohne Probleme fand ich die Schule und ergatterte einen Parkplatz nahe am Haupteingang.
Bevor die erste Stunde begann sollte ich mich im Sekretariat melden. Ich erhielt meinen Stundenplan, einen Raumplan und den Laufzettel. Mit einem leisen ‚Dankeschön’ verließ ich das Büro und setzte mich auf eine freie Bank auf dem Schulhof. Ich hatte noch ungefähr 20 Minuten Zeit bis ich zu Englisch musste, wie mir mein Stundenplan verriet. Danach Mathe, Geschichte, Musik und Biologie. Zwischen der dritten und vierten Stunde war die Mittagspause. Also eigentlich ein entspannter Tag. Die Stunden waren bis auf Mathe und Geschichte in Ordnung und heute Nachmittag würde ich mich uneingeschränkt meiner Stute widmen.

Mit Schrecken stellte ich fest, dass ich in fünf Minuten Unterricht hatte. So schnell wie möglich rauschte ich durch die langen Flure des Schulgebäudes auf der Suche nach dem richtigen Raum. Ich schlüpfte durch die Tür und zum Glück hatte der Unterricht noch nicht begonnen.

„Sie müssen Isabella Swan sein, guten Morgen.“ Der Englischlehrer begrüßte mich freundlich.
„Ja, die bin ich. Guten Morgen.“, grüßte ich höflich zurück.
„Gut ich bin Mr. Mason, setzten Sie sich bitte dort in die letzte Reihe neben Mr. Newton und versuchen Sie einfach dem Unterricht zu folgen.“
Ich lief die Reihen nach hinten und setzte mich neben einen schmächtig wirkenden, blonden Jungen. Er grinste mich an, ich erwiderte es nur mit einem dezenten Lächeln.

„Hi, ich bin Mike. Du bist Isabella richtig?“, sprach er mich von der Seite an und streckte mir seine Hand entgegen. Zögernd ergriff ich sie, ließ aber schnell wieder von ihr ab.
„Bella, nur Bella!“, gab ich resigniert zurück. Bitte, konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen. Er war mir zutiefst unsympathisch. Zum Glück forderte Mr. Mason mit seinem ‚Romeo und Julia’ meine ganze Aufmerksamkeit, so dass ich Mike locker ignorieren konnte. Ich kannte das Buch zwar schon auswendig, aber alles war besser als ein Gespräch mit diesem Newton. Ich hoffte nur nicht noch öfter neben ihm sitzen zu müssen.

Die Stunde wurde bald von der Schulglocke beendet. Ich packte meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zum nächsten Unterrichtsraum. Auf dem Gang wurde ich von allen Seiten begutachtet und angestarrt. Es war unangenehm, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und stellte meinen Körper und Geist auf die Stufe - Selbstsicherheit.

So wirkte ich in der Öffentlichkeit immer… Selbstsicher. Meine Eltern und vor allem mein Vater hatten es mir eingetrichtert. Doch tief in meinem Inneren war ich ganz anders, im Grunde war ich schüchtern und mochte keine großen Menschenansammlungen. Ich saß lieber still in einer Ecke und dachte nach oder las ein Buch. Aber was tat ich nicht alles um meine Eltern glücklich zu machen, also spielte ich tagtäglich die stolze und selbstbewusste Isabella Marie Swan.

Ein paar Minuten später stand ich vor dem Raum in dem ich Mathe hatte. Der Lehrer war schon da. Ich betrat den Klassenraum und schritt auf das Lehrerpult zu. Der schlaksige Mann war in seinen Unterlagen vertieft und bemerkte mich nicht. Mit einem leisen Räuspern machte ich auch mich aufmerksam.

„Ah, Sie müssen Miss Swan sein, willkommen in meinem Mathekurs. Ich bin Mr. Varner.“
„Guten Tag Mr. Varner. Ja ich bin Isabella Swan.“, grüßte ich ebenfalls und reichte ihm meinen Laufzettel. Er wies mir einen Platz in der dritten Reihe am Fenster zu, ich hatte die Bank für mich alleine. Ein Glück, so konnte mich keiner nerven. Der Unterricht war mehr oder weniger langweilig. Ich war auf meiner letzten Schule in Clinton in sämtlichen Fortgeschrittenenkursen. Obwohl Mathe nicht gerade meine Stärke war, kam ich doch immer auf meine sehr gute Note am Ende eines Jahre. Bevor wir nach Forks zogen waren wir ein Jahr in Clinton im Bundesstaat Illinois. Absoluter Rekord, nie war meine Familie länger als ein dreiviertel Jahr an einem Ort. Ich hoffte hier würde es anders werden, zu gerne wollte ich meine letzten beiden Highschooljahre in einer Stadt bleiben. Aber wann ging es schon mal nach mir?

Nachdem ich auch den Matheunterricht hinter mich gebracht hatte, stand ich von meinem Platz auf und wollte gerade den Raum verlassen, als ich an der Schulter angetippt wurde. Ich drehte mich um und schaute in große, dunkle Augen eines zierlichen Mädchens mit schwarzen, langen Haaren.

„Hi, ich bin Angela. Du bist Isabella und die Neue hier richtig?“, fragte sie schüchtern. ‚Ja richtig’, dachte ich mir. Warum musste mir eigentlich jeder sagen wie ich hieß, das wusste ich schließlich auch selber. Dennoch versuchte ich immer schön freundlich zu wirken, Angela konnte schließlich nichts für meine Laune.
„Hallo Angela, ja die bin ich, aber bitte sag nur Bella.“
„Ok, Bella. Wollen wir nachher vielleicht zusammen Mittag essen?“, fragte sie freundlich.
„Ja gerne, was hast du jetzt noch?“
„Physik und du?“
„Ich habe Geschichte, treffen wir uns dann in der Cafeteria?“, schlug ich vor.
„Alles klar. Dann bis später.“, verabschiedete sie sich von mir und lief den Gang zu ihrem nächsten Unterricht.

Langsam schlenderte auch ich durch die Gänge. Plötzlich war hinter mir ein ohrenbetäubender Lärm zu vernehmen. Erschrocken drehte ich mich um. Ein Knäuel raufender Jungen bewegte sich rasch durch den engen Flur. Einer von ihnen schien ziemlich wütend zu sein, er schlug wahllos auf alle ein und schubste sie durch die Gegend. Ohne Vorwarnung wurde ein dunkelhäutiger Junge in meine Richtung gestoßen, er prallte hart an meinen Körper und ich stieß schmerzhaft mit der Schulter an einen Spind. Niemand schien mich zu bemerken, die Aufmerksamkeit der umstehenden Schüler war auf die Schlägerei gelenkt. Mit einer Hand an meiner pochenden Schulter rutschte ich langsam in die Hocke und lehnte mich mit geschlossenen Augen gegen eines der Schließfächer. Ich versuchte ruhig durch die Nase ein und durch den Mund auszuatmen. Schlechte Idee. Ich nahm einen metallischen, mir nur zu bekannten Duft wahr. Langsam nahm ich meine Hand vor der verletzten Schulter. An ihr klebte etwas Blut, ich blinzelte schnell ein paar Mal, meine Sicht wurde trüber. Ich konnte ja vieles ab, aber Blut…

Vorsichtig legte ich meine Hand wieder auf die Wunde. Um mich herum nahm ich nur noch verschwommen das Chaos wahr. Die Jungs wurden von ein paar kräftigeren Typen auseinander gehalten. Ich versuchte mich wieder aus meiner Hocke zu erheben, aber sofort gaben meine Beine unter mir nach. Mir war furchtbar schlecht und schwindelig. Ich konnte nur hoffen, dass ich es heil zur Schulkrankenschwester schaffen würde ohne mich zu übergeben oder ohnmächtig zu werden.
Auf einmal spürte ich eine eiskalte Hand auf meiner gesunden Schulter. Ruckartig drehte ich den Kopf herum, zu schnell für meinen benebelten Verstand, sofort drehte sich wieder alles. Ich stöhnte gequält auf und legte den Kopf in den Nacken.

„Hey Bella, ist alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?“, fragte mich die Samtstimme von Edward.

Fragte er wirklich ob alles in Ordnung sei? Sah ich so aus als sei ich in Ordnung? Behutsam bewegte ich den Kopf von links nach rechts.

„Nein nichts ist in Ordnung. Meine Schulter schmerzt höllisch und mir ist tierisch schwindelig.“, gab ich leise als Antwort.
„Komm, ich bring dich zum Krankenzimmer.“ Edward half mir beim Aufstehen und legte einen Arm um meine Taille, damit ich nicht wieder wegsackte. Trotz des Schmerzes in der Schulter um des Schwindelgefühls, verbreitete sich noch ein anderes Gefühl in meiner Magengegend. Ich schmiegte mich fest in Edwards starke Arme und genoss seine Nähe. Kaum hatten wir die ersten Schritte getan, fühlte ich meine Schmerzen kaum noch, ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit durchströmte meinen Körper. Warum reagierte mein Körper nur so heftig in seiner Nähe?

Ein paar Minuten später erreichten wir zusammen das Büro der Krankenschwester. Edward setzte mich auf einem Stuhl ab und ging zum Tresen um mit der Schwester zu reden. Er erklärte ihr kurz was passiert war und fügte mit seinem schiefen Lächeln hinzu, dass es dringend sei, da ich starke Schmerzen hatte.

Er begleitete mich in den Nebenraum, wo ich mich auf die schmale Liege setzte, die Hand immer noch an meine Schulter gepresst. Edward ließ mich nicht eine Sekunde aus den Augen, es schien als sei er besorgt um mich, aber warum? Wir kannten uns noch gar nicht solange. Auch wenn wir uns am Tag zuvor auf dem Hof ganz gut unterhalten hatten.
Gerade als ich ihn fragen wollte, ob er nicht noch Unterricht hätte, betrat Mrs. Crane, die Ärztin, den Raum.

„Also Bella, dann zeig mal deine Schulter!“, forderte sie mich auf. Doch plötzlich wütete wieder eine Welle aus Panik in meinem Körper, jetzt wo ich nichts mehr hatte woran ich mich festhalten konnte, stürzte das Schwindelgefühl wieder über mich herein.
„NEIN, nicht …“, war alles was ich herauspresste, als Mrs. Crane meine Hand von der Schulter ziehen wollte. Ich wollte nicht wieder das Blut riechen, ich wollte nicht, dass mir wieder schlecht wurde, diese unangenehmen Gefühle brauchte ich im Moment wirklich nicht.

Als ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, stand Edward neben mir, er sah mir tief in die Augen. Ich verlor mich in seinen ungewöhnlichen, goldenen Tiefen. Die Intensität seines Blickes bohrte sich in meinen. Vorsichtig strich seine Hand meinen Arm nach oben und seine kalten Finger legten sich um meine Hand. Langsam, ohne die Augen von meinen zu lösen, hob er meine Hand an und nahm sie von der Schulter.

Das nächste was passierte nahm ich nur teilweise wahr. Er blähte die Nasenflügel und auf einmal verfärbten sich seine goldbraunen Augen zu einem tiefen Schwarz. Seine Hand versteifte sich um meine und er presste die Kiefer stark zusammen. Ich schloss kurz die Augen um das Gesehene zu verarbeiten. Als ich sie wieder öffnete war er verschwunden. Was war das denn? Ging es ihm nicht gut, konnte er auch kein Blut riechen oder sehen? Tausend Fragen wirbelten durch meinen Kopf, so dass ich die Behandlung meiner Schulter kaum mitbekam.

„Wo ist Edward?“, fragte ich die Krankenschwester, als sie mit meiner Schulter fertig war. Mein Arm steckte nun in einer kleinen Schlinge.
„Er meinte er hätte noch etwas vergessen und ist dann ohne ein weiteres Wort gegangen. So Kindchen und du solltest vielleicht nach Hause fahren, oder besser lässt du dich abholen.“, antwortete sie und schob mich vor sich her in das kleine Büro.
„Ähm, also ich würde gerne noch die drei Stunden hier bleiben. Wissen Sie, es ist mein erster Tag und ich will da nicht unbedingt schon fehlen.“, entgegnete ich ihr.

Mit einem Seufzen, ließ sie mich gewähren, mit der Bitte mich wenigstens noch die nächste Stunde zu schonen und etwas essen zu gehen. Ich willigte ein und machte mich durch die mittlerweile leeren Gänge auf zur Cafeteria. Ich ließ mich an einem Tisch in der hintersten Ecke nieder und nahm mir ein Buch aus dem Rucksack. Nach wenigen Sätzen versank ich in der Welt von Cathy und Heathcliff.

Ich wusste nicht wie lange ich gelesen hatte, doch plötzlich zog mir jemand das Buch aus den Händen und lächelte mich freundlich an.
„Na wie geht’s dir, alles wieder gut?“, fragte Edward mit weicher Stimme.
Ich war immer noch erschrocken und versuchte mit einer Hand auf der Brust mein Herz wieder zu beruhigen.

„Du tauchst auch immer aus dem Nichts auf, oder!?“, stellte ich anklagend fest. Er setzte sich nun zu mir an den Tisch und sah mich amüsiert an. Seine Augen hatten nun wieder diesen faszinierenden Goldton und er wirkte auch körperlich wieder entspannter.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“, meinte er dann.
„Danke es geht wieder.“, gab ich knapp als Antwort. „Aber was machst du hier, hast du nicht Unterricht? Bist du deswegen vorhin einfach gegangen?“, fragte ich ihn.
„Bella hast du schon mal auf die Uhr geguckt? Gleich fängt die vierte Stunde schon an. Und ja ich musste gehen, ich hatte schließlich Unterricht“, schmunzelte er.
„Oh!“ Ich blickte zur auf die große Uhr über der Eingangstür und musste mit Erschrecken feststellen, dass er Recht hatte. Schnell wollte ich meine Sachen zusammensammeln, doch vergaß ich dabei meine Schiene um die verletzte Schulter. Ein leichter Schmerz durchzuckte meine Schulter und ich kniff die Augen zusammen.
„Gib her ich trage deine Tasche, wo hast du jetzt Unterricht?“, fragte Edward und schulterte meinen Rucksack.
„Ich hab jetzt Musik, wo weiß ich nicht, das steht auf dem Plan in meinem Rucksack.“
„Wie praktisch, ich hab auch jetzt Musik, dann sind wir wohl im gleichen Kurs. Komm mit!“, forderte er mich auf.

Gemeinsam liefen wir durch die Flure zu einem Raum mit einer großen Flügeltür. Der Raum selbst war riesig, nie hätte ich so einen Musikraum erwartet. Hier gab es unzählige Instrumente und verschieden Requisiten für Theateraufführungen. Der Raum, nein der Saal war vergleichbar mit einer großen Aula oder einem kleinen Theater. Schwere, weinrote Stoffvorhänge trennten Zuschauerraum und Bühne, auf welche man links und rechts über drei kleine Stufen gelingen konnte. Edward führte mich zur ersten Sitzreihe und wir ließen uns auf die gepolsterten Sitze fallen. Kurze Zeit später betrat der Lehrer den Saal und rief zur Ruhe.

„So Leute, willkommen zum neuen Schuljahr. Ihr wisst alle was das heißt. Wir haben ein neues Projekt vor uns. Da wir ja letztes Jahr einen fantastischen Talentwettbewerb hatten, wollen wir uns in diesem Jahr etwas Größerem widmen. Einem Musical.“, begann er seine Ansprache. Ein Raunen ging durch den Saal.
„Ich hab drei Stücke herausgesucht, ihr könnt wählen welches wir am Ende des Jahres vor dem Schulball aufführen.“, sprach er weiter.
„Macht ihr das wirklich jedes Jahr?“, fragte ich zu Edward gebeugt.
„Jap. Letztes Jahr war es ein Talentwettbewerb, das Jahr vorher ein Konzert und das Jahr davor hatten wir etwas Ähnliches wie eine Oper einstudiert, nur war die Sängerin grottenschlecht.“, zählte er grinsend auf.
„Und was hattest du bei diesem Wettbewerb gemacht?“, löcherte ich ihn weiter.
„Ich hab Klavier gespielt.“
„Du kannst Klavier spielen?“
„Ja.“, gab er leicht als Antwort.
Bevor ich noch weiter fragen konnte, forderte der Lehrer wieder unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Also ihr könnt wählen zwischen ‚Wicked’, ‚Tarzan’ oder ‚Tanz der Vampire’.“
Ein leises Glucksen konnte ich neben mir vernehmen. Edward hatte einen amüsierten Ausdruck im Gesicht. Anscheinend schien ihm ein Stück davon zu gefallen.

„Also wer ist für ‚Wicked’?“, fragte der Musiklehrer. Mir fiel auf, dass ich seinen Namen noch nicht mal kannte. Ich würde ihn wohl später fragen müssen. Derweil hoben sich vereinzelt ein paar Hände. Drei oder vier Leute waren für dieses Stück. Ich persönlich mochte eher die älteren Werke.
„Ok, was sagt ihr zu ‚Tarzan’?“, fragte er wieder in die Runde. Jetzt meldete sich schon fast die Hälfte.
„Na gut und was sagt ihr zu den Vampiren?“ Ohne groß nach zu zählen, konnte man sehen, dass das Stück wohl eine Vielzahl der Schüler begeisterte. Auch Edward neben mir hob grinsend die Hand. Ich enthielt mich erst mal.
„Gut, dann ist es also beschlossen. Unser diesjähriges Stück wird ‚Tanz der Vampire’ sein.“

Beigeistert klatschte er einmal in die Hände und begann dann in seiner Tasche herum zu wühlen. Heraus zog er eine Liste und ein paar zusammengeheftete Blätter, welcher er austeilte. Ich schaute mir die erste Seite an. ‚Musical – Tanz der Vampire’ stand auf dem Deckblatt. Es folgten eine kleine Inhaltsangabe, Instruktionen zu den einzelnen Szenen und eine Auflistung der Rollen. Auf der Liste, die herum ging sollten wir uns für eine Wunschrolle oder eine Tätigkeit hinter der Bühne eintragen. Edward war vor mir dran, er trug sich in die Spalte für das Musikensemble ein. Als ich die Liste bekam, las ich mir erst einmal alle Rollen durch. Es war eine schwierige Entscheidung. Einerseits hasste ich es im Mittelpunkt zu stehen, aber genau das erwarteten meine Eltern von mir. Sie wollten ihre Prinzessin immer im Zentrum des Geschehens wissen. Noch hatte sich keiner getraut sich in die Spalte der Hauptrollen von Sarah und Graf Krolock einzuschreiben. Sollte ich vielleicht? Nein das konnte ich nicht, oder doch? ‚Ach was solls.’, dachte ich mir, setzte meinen Namen auf die Liste und gab sie weiter.

„Na wo hast du dich eingetragen?“, fragte mich Edward leise.
„Ach so eine Nebenrolle, als eine der Vampirfrauen.“, gab ich leichthin als Antwort.
Nachdem auch das geklärt war, wurden noch die Termine für das Vorsingen und die ersten Proben festgelegt.
„Ohh man, Mr. Mclachlan hat sicher wieder einen Zeitplan, der bis in die kleinste Sekunde ausgearbeitet ist.“, scherzte Edward.
„Mhh“, war alles was ich noch heraus brachte.

Die Klingel schrillte zum Ende der Stunde, ich brachte meinen Laufzettel noch zu Mr. Mclachlan und verließ den Saal Richtung Bioraum.
Meine letzte Stunde verlief wieder ruhiger. Mr. Banner, mein Biolehrer, setzte mich auf den Platz neben Edward in die dritte Reihe. Wir unterhielten uns leise und verabredeten uns für den Nachmittag. Er wollte mir den Hof seiner Familie zeigen. Ich war schon richtig heiß darauf die anderen Pferde kennen zu lernen. Reiten konnte ich im Moment ja leider nicht, aber ein kleiner Spaziergang mit meiner Eclipse wäre sicher drin.

Nach dem Klingeln packte ich meine Schulsachen zusammen, doch meine Tasche bekam ich nicht zu greifen. Ich drehte mich perplex um und ein grinsender Edward hatte meinen Rucksack geschultert und lief an mir vorbei. Kopfschüttelnd ging ich ihm hinterher zum Parkplatz. Ich lief zu meinem Auto, er hinter mir her. Dann drehte ich mich zu ihm um und nahm meinen Rucksack von seiner Schulter.

„Wir sehen uns also nachher?“, fragte Edward noch einmal mit einem umwerfenden Lächeln. Man, das sollte echt verboten werden, so lächeln zu können.
„Ja sicher, ich werde da sein.“ Mit diesen Worten stieg ich ein und startete den Motor. Ich fuhr meinen Wagen aus der Parklücke, winkte ihm noch mal zum Abschied und brauste mit leichter Vorfreude vom Parkplatz.

Pachelbels Canon in D
 
Bellas Outfit

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