Bella POV
Wütend… ja, ich war sehr wütend.
Ich hasste es und wie ich es hasste.
Umzüge. Sie waren das Schlimmste in meinem ach so perfekten Leben.
Doch was sollte ich dagegen unternehmen, ich war vor einem Monat, im September, erst 17 geworden. Das hieß ich musste wohl oder übel immer wieder mit meinen Eltern mitziehen. Ein Jahr noch, noch ein verdammtes Jahr, dann wäre ich frei.
Im Moment saß ich noch in meinem Zimmer vor leeren Umzugskisten und musste mich entscheiden, was mit in die Hölle Forks kommen sollte. Das wirklich wichtige konnte ich nicht in Kisten verpacken, aber es würde mitkommen, egal wohin ich ginge. Meine süße Eclipse, auch ihr machten diese ständigen Ortswechsel zu schaffen.
„Isabella, hast du jetzt endlich angefangen deinen Kram einzupacken?“, fragte meine Mom, nachdem sie, mal wieder ohne anzuklopfen, in mein Zimmer gepoltert kam.
„Ich mach es gleich.“, antwortete ich ihr genervt und erhob mich langsam von meinem Bett. Meine Mutter ließ mich wieder alleine und nur Sekunden später hörte ich sie schon wieder in der Küche rumwerkeln. Ich ging quer durchs Zimmer auf mein Bücherregal zu und ließ meinen Blick über die vielen verschiedenen Bücherrücken gleiten, ich liebte das Lesen, besonders hing ich an ‚Sturmhöhe’ es war mein absoluter Lieblingsroman, danach folgten noch unzählige weitere.
Ich wusste jetzt schon, dass ich nach der Highschool Literatur studieren würde, das war mein ganz persönlicher Traum. Wären da nicht meine Eltern.
Mein Blick blieb bei einem kunstvoll verzierten Bilderrahmen hängen.
Er zeigte meine wundervolle Stute Eclipse. Ihr ebenholzfarbenes Fell schimmerte in der Sonne und neugierig schaute sie in die Kamera. Das Bild wurde kurz nach ihrem Kauf aufgenommen. Wir hatten sie gerade mal drei Wochen im Stall, doch man merkte schon vom ersten Moment an unsere Verbundenheit. Es war wie Liebe auf den ersten Blick.
Sachte fuhr ich über den Silberrahmen und nahm ihn dann in die Hand. Ich schloss meine Augen und dachte einen Moment nach.
Es war vor knapp zwei Jahren, das Spruce Meadow in Calgary. Damals wohnten wir noch in einem kleinen Vorort namens Delacour in Kanada. Ich hatte Eclipse erst 4 Monate, doch wir passten zusammen wie Schlüssel und Schloss, wir waren ein Herz und eine Seele.
-----Flachback-----
„Nun fahr schon schneller.“, bat ich meinen Dad. Wir waren gerade auf dem Weg zum großen Turnier von Calgary, dem Spruce Meadow.
„Ich fahre schon so schnell wie erlaubt.“, gab mein Vater leicht gereizt zurück. Was mussten wir auch so spät losfahren? Mein Gott, ich war mächtig nervös, es würde das erste Turnier mit Eclipse sein.
Ein leichtes Springen wollte ich mit ihr reiten.
Eigentlich stand in der Anzeige, sie hätte eine Dressurbegabung, aber schnell bemerkte ich ihre Begeisterung beim Springen und baute mir eines Nachmittags ein paar niedrige Hindernisse auf.
Danach folgten unzählige Trainingsstunden und heute war unsere erste Prüfung.
Das Spruce Meadow zählte zu den höchstdotierten Springprüfungen in ganz Kanada und ich wäre ein Teil davon… na ja ein sehr kleiner Teil, da ich ja nur an den Randprüfungen für junge Reiter teilnahm.
Keine 15 Minuten später lenkte Charlie unseren Transporter auf den Parkplatz und noch bevor er den Motor aus hatte, war ich aus dem Wagen gesprungen. Vorsichtig öffnete ich die Seitenklappe und schlüpfte ins Innere.
„Hallo meine Süße, na hast du die Fahrt gut überstanden?“, begrüßte ich meine Rappstute. Sie stand ganz still und kaute an ihrem Heunetz herum.
Ich löste vorsichtig ihren Führstrick, Charlie hatte schon die Rampe heruntergelassen und ich konnte Eclipse rückwärts aus dem Gefährt führen. Langsam und vorsichtig stapfte sie hinaus in die Freiheit und blähte aufgeregt ihre Nüstern, sah sich die neue Umgebung ganz genau an.
Ich führte sie ein wenig auf der großen Wiese herum, damit sie sich an die Turnieratmosphäre gewöhnte. Schnell wurde sie ruhiger und begann ab und zu ein paar Grasbüschel aufzuschnappen, ein gutes Zeichen.
„Isabella du musst langsam zur Meldestelle und dich einschreiben.“, merkte mein Vater an.
„Bin schon auf dem Weg“, gab ich zurück und drückte ihm die Zügel in die Hand.
Schnell lief ich rüber auf die andere Seite des Turnierplatzes, wo sich die Meldestelle befand.
Ich gab meine Daten durch und nach einer kurzen Überprüfung der Anmeldeformulare wurde mir meine Startberechtigung und die Startnummer ausgehändigt. Ich war in meiner Prüfung die 12. Starterin von insgesamt 15. Der erste Starter musste um 15:30 Uhr in den Parcours. Das hieß ich würde relativ viel Zeit haben.
Auf dem Rückweg studierte ich schon mal die Parcoursskizze, damit konnte man nie früh genug anfangen. Ich sah kurz auf um zu sehen wo ich lang lief, doch da war es schon zu spät.
Frontal prallte ich mit einem jungen Mann zusammen. Bevor ich auf dem Boden aufkam, hielten mich zwei starke Arme fest.
Als ich aufblickte und ihn schon anblaffen wollte, blieb mir der Atem weg und die Worte im Halse stecken. Vor mir stand ein unbeschreiblich schöner und umwerfender Junge. Es musste echt dämlich aussehen, so wie ich ihn anstarrte, aber mein Körper wollte mir nicht mehr gehorchen und ich konnte ihn nur noch anstarren.
Seine breiten Schultern, sein markantes Kinn, seine hohen Wangenknochen, sein bronzefarbenes, wirres Haar, aber am meisten gefangen hielten mich seine Augen. Sie war wie flüssiges Gold und wenn ich ihn noch länger angesehen hätte, wäre ich noch tiefer in ihnen versunken. Ich riss mich von seinen Augen los.
„Tschuldigung“, nuschelte ich und wurde prompt knallrot.
„Kein Problem, ich hab schließlich auch nicht aufgepasst, entschuldige bitte.“
Oh Gott seine Stimme, sie klang wie von Samt umhüllt, einfach nur bezaubernd.
„Ist mit dir alles in Ordnung? Kann ich dich irgendwohin begleiten?“, fragte er mich mit seiner unbeschreiblich weichen Stimme.
„Ähm… ja… nein danke, ich komm schon zurecht.“, kam es stotternd von mir. Kopfschüttelnd drehte er sich um und ging von dannen.
„Ok, vielleicht sieht man sich ja noch mal, bis dann.“, gab er noch über seine Schulter zurück.
Immer noch leicht benommen lief ich zurück zu meinen Dad und Eclipse. Er schien meinen Stimmungswechsel nicht zu bemerken. Ich nahm ihm Eclipse wieder aus der Hand und lief weiter kreuz und quer über die Wiese.
Eine Stunde später begann ich mit der Putzprozedur für meine Stute. Da ich nicht viel zu putzen hatte, war ich schnell fertig. Noch Sattel und Trense drauf und schon war mein kleines Mädchen fertig für ihren großen Auftritt. Ich ritt im Schritt zum Abreiteplatz und drehte dort meine Runden um Eclipse aufzuwärmen.
‚Unsere nächste Starterin ist die Nummer 12, Isabella Marie Swan mit ihrer Hannoveranerstute Eclipse. Start frei.’ Mit dieser Ansage ritt ich in den Parcours ein. Mein Herzschlag wurde gleich noch einen Ticken schneller. Ich ließ meinen Blick kurz zu den Tribünen gleiten, man waren das viele Zuschauer. Nur einer fehlte, mein Dad. Er hatte mich lediglich herchauffiert und würde mich auch wieder abholen, aber zum Zuschauen blieb nie einer meiner Eltern.
Ich wand meinen enttäuschten Blick von den Zuschauerreihen und versuchte mich auf die Hindernisreihenfolge zu konzentrieren. Die Startglocke erklang und ich galoppierte auf das erste Hindernis zu…
-----Flashback Ende-----
Lächelnd löste ich meinen Blick von dem Bild und legte es in die Kiste mit meinen persönlichen Schätzen. Während ich in Erinnerungen schwelgte, hatten sich die Kisten wie von selbst gepackt und nur noch ein paar einzelne Dinge lagen auf meinem Bett verstreut.
Eine Stunde später waren meine Eltern und ich schon auf dem Weg in die Hölle, meine Hölle... Forks. Eine Handvoll Einwohner, bestimmt total spießig und engstirnig, eine Menge Grün und das schlechteste Wetter in ganz Amerika erwartete mich dort. Zudem musste ich noch die fünfstündige Fahrt überstehen. Genauso wie Eclipse, obwohl ihr das weniger ausmachte als mir.
Ein guter Zeitvertreib für mich war das Lesen, bis zu dem Zeitpunkt an dem mir immer schlecht werden würde, wenn ich im Auto saß. Danach stöpselte ich mir meinen iPod in die Ohren und schloss die Augen in der Hoffnung den Rest der Fahrt zu verschlafen.
Als ich wieder aufwachte, lenkte mein Vater seine Limousine eine lange Kieselsteinauffahrt hinauf. Na toll, wieder so eine protzige Villa. Hätte ein ganz normales Einfamilienhaus es nicht auch getan?
Warum brauchte eine dreiköpfige Familie eine Villa mit 5 Schlafzimmern, 2 Gästezimmern, 4 Bädern, einer überdimensionalen Wohnküche, einem Ruhe- und Leseraum, einem Fitnessraum und, ihr werdet es nicht glauben, einem Innenswimmingpool?! Ein gutes hatte es, man konnte sich super aus dem Weg gehen.
Als Charlie den Motor ausschaltete, war ich schon aus dem Wagen geschlüpft und ging nach hinten zum Kofferraum. Den Koffer mit meinen persönlichen Sachen hatten wir im Auto mitgenommen, wie auch zwei mit einigen Klamotten und Bettwäsche für die ersten Tage.
Der Lkw würde erst in zwei Tagen kommen und bis dahin mussten wir halt wie Nomaden hausen.
Ich schnappte mir meinen Koffer und betrat das gigantische Haus. Ehrfürchtig blieb ich in der Eingangshalle stehen. Pompös, ja das war es und so gar nichts für mich. Ich verdrehte genervt meine Augen und lief seufzend die Treppen in den zweiten Stock zu meinem Zimmer hoch.
Vor der aufwendig verzierten Holztür blieb ich stehen, atmete noch einmal tief durch und stieß mit dem Fuß die Tür auf. Einen Moment verweilte ich im Türrahmen und versuchte das weitläufige Zimmer zu überblicken.
Mir gegenüber war statt einer Wand eine riesige Fensterfront, von der man einen wunderschönen Ausblick über die Koppeln des Nachbargrundstückes hatte. Dort würde ich gleich auch meine Eclipse hinbringen.
Doch erst einmal wollte ich mein Zimmer erkunden. Es waren noch nicht viele Möbel vorhanden, die würden ja erst übermorgen hier eintreffen. Lediglich eine Matratze, eine kleine Kommode und einen Schreibtisch gab es hier.
Ich ließ mich auf das provisorische Bett nieder und öffnete meinen Koffer, ganz oben auf lag der feine Silberrahmen. Ich nahm ihn in die Hand und strich sacht über das kalte Metall. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Sie war mein Leben.
Ich stellte das Bild auf den Schreibtisch direkt neben meinen Laptop, welchen mein Vater mir gerade installierte.
„Danke Dad. Können wir dann gleich los?“, fragte ich „Ich möchte gerne mein Pferd in den neuen Stall bringen.“
„Ja sicher, komm einfach runter wenn du hier fertig bist.“
Wenige Minuten später verließ ich meine neue Zelle und lief die Treppe herunter, ein Wunder dass ich nicht gestolpert war, aber die Stufen waren ja breit genug.
Ich rannte schnurstracks aus der Haustür auf meine Stute zu. Sie blickte mir schon freudig entgegen. Als ich bei ihr ankam, begrüßte sie mich mit ihrem wunderschönen, hellen Wiehern.
„Ich bin ja da, meine Süße, gleich gehen wir zu deinem neuen Zuhause.“, flüsterte ich ihr zu. Sanft stupste sie mich mit ihrem weichen Maul an. Sie wusste immer wie mir zu Mute war und auch sie war es, die mich immer wieder aufmuntern konnte.
Sie war das einzige Licht in meiner Hölle.
Donnerstag, 3. Dezember 2009
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